MPE Jahresbericht 2000 /MPE Annual Report 2000

II

Wissenschaftliche Ergebnisse / Scientific Results


2. Sternzyklen und das interstellare Medium

2. Stellar Evolution and the Interstellar Medium
Einleitung Introduction

Die Entstehung und Entwicklung von Galaxien wie unserer Milchstraße wird wesentlich durch einen Materiekreislauf zwischen Sternen und dem umgebenden interstellaren Medium (ISM) bestimmt. Am Anfang dieses Zyklus steht das Gas einer Molekülwolke, in der sich durch lokale Verdichtungen Gravitationsinstabilitäten ausbilden, die schließlich zur Fragmenta-tion der Wolke und zum protostellaren Kollaps einzelner Materieklumpen führen. Man geht heute davon aus, dass der protostellare Kern in eine ihn umgebende Akkre-tionsscheibe eingebettet ist, aus der durch Massenzufuhr ein junger Stern, und in vielen Fällen wahrscheinlich auch Planeten, gebildet werden. Der weitere Verlauf hängt von der Masse des Protosterns ab. Unterhalb von 0.08 Sonnenmassen können stellare Energieverluste nur unvollständig durch Kernreaktionen kompensiert werden; man spricht dann von einem Braunen Zwerg. Bei höheren Massen kommt es bereits während der Hauptreihenphase des Sterns, durch einen stellaren Wind sowie der Abstrahlung von UV-Photonen, zu einer Wechselwirkung mit dem umgebenden ISM, die zur Bildung einer Sternwindblase bzw. zu einer HII Region führt, wodurch dem ISM Energie zugeführt wird. In der Endphase der Sternentwicklung kann der gravitative Kollaps nicht mehr durch Kernfusionsprozesse aufgehalten werden, und es kommt bei Sternen mit einer Masse oberhalb von etwa 8 Sonnenmassen zu einer Supernova-Explosion, in der die äußere Hülle (sog. Ejekta) mit chemisch angereicherter Materie in das ISM ausgeworfen wird. Dabei werden aufgrund der hohen Temperatur und der kinetischen Energie der Ejekta starke Stoßwellen sowohl in die Ejekta als auch in das ISM getrieben, so dass am Rand des Supernova-Überrests Gas aufgeschoben und komprimiert wird, und hier sehr wahrscheinlich auch hochenergetische Teilchen (sog. Kosmische Strahlung) beschleunigt werden. Die Expansion solcher Supernova-Überreste bzw. Superblasen, falls in einer Region mehrere Supernovae räumlich und zeitlich korreliert explodieren, sorgt einerseits für eine Heizung des ISM und andererseits durch Anreicherung mit schweren Elementen für eine effizientere Strahlungskühlung, so dass sich das Gas lokal wieder stärker verdichten kann. Damit ist der Materiekreislauf geschlossen, und es können weitere Sterngenerationen in der Galaxie entstehen. Die kompakten Überreste von Supernovae, Neutronensterne und schwarze Löcher, entziehen dem Kreislauf nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Masse; wegen ihrer außergewöhnlichen Eigenschaften beschäftigt sich allerdings besonders die Hochenergie- und relativistische Astrophysik intensiv mit diesen kompakten Stern-Überresten.

 

The origin and evolution of galaxies like our Milky Way is mainly determined by a matter cycle between stars and the ambient interstellar medium (ISM). At the beginning of the cycle there is gas in a molecular cloud, in which local density enhancements lead to gravitational instabilities and subsequently to a fragmentation of the cloud and to protostellar collapse. It is generally believed that the protostellar core is embedded in a surrounding accretion disk, which feeds the young stellar object. It should also be common that in such a disk planets are formed. Further evolution depends on the mass of the proto star. If the proto star has a mass below 0.08 solar masses the central temperature is too low to sustain continuous hydrogen burning, and we are left with a brown dwarf. Stars with higher masses emit a stellar wind and UV photons during their main sequence lifetime, which interact with the surrounding ISM, forming wind bubbles and HII regions, respectively, and thus feed energy into the ISM. Stars with masses in excess of about 8 solar masses cannot sustain gravitational collapse by nuclear fusion processes during their final stage of evolution and therefore expel their outer layers (ejecta) in a supernova explosion. The ejecta are chemically enriched and pollute the ISM. Due to their high temperature and kinetic energy a shock wave is driven into the ejecta and the ISM, which sweeps up and compresses the gas, and most probably also accelerates high energy particles (cosmic rays). The expansion of supernova remnants and superbubbles (in case of spatial and temporal correlation of supernovae) heats the ISM, whereas the enrichment by heavy elements increases the rate of radiative cooling of the gas, thereby promoting local density enhancements. Thus the matter cycle is closed and further generations of stars can be born. The compact remnants of supernovae, neutron stars and black holes extract only a relatively small amount of mass from this cycle, but their exceptional properties make them an important field of research in high energy and relativistic astrophysics.

 

 

 

 

Im Folgenden werden die neuesten Ergebnisse von Schlüsselbeobachtungen und theoretischen Modellen aus den verschiedenen Stadien des Sternzyklus und ihrer engen Verzahnung mit dem ISM im Detail vorgestellt.

In the following the latest results of key observations and processes of the stellar cycle and its close relation to the ISM will be described in detail.

 

2.1 Sternentstehungsgebiete

2.1 Star forming Regions
Molekulares Gas im Zentralbereich der Galaxie Molecular gas in the central region of the Galaxy
Abb. II-12: Molekulares Gas bildet einen Ring mit einem Radius von rund 0.5 Lichtjahren, der mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 110 km/s um das Zentrum der Galaxis rotiert. Das Bild zeigt den molekularen Ring in einer Emissionslinie des HCN-Moleküls zusammen mit den von ISO-SWS beobachteten Positionen, sowie einem Spektrum der Ringposition "Südwest".

Fig. II-12: A ring of molecular gas, with a radius of about 0.5 light years, rotates with a speed of 110 km/s around the centre of the Galaxy. On the left is the molecular ring in HCN (10) emission with the observed ISO-SWS positions overlaid. On the right is the observed spectrum of position "southwest".

Eine der auffälligsten Strukturen in unmittelbarer Umgebung des galaktischen Zentrums ist ein beinahe vollständiger Ring aus molekularem Gas. Dieser Ring steht in enger Verbindung mit dem Kern der Galaxis und könnte einen Großteil der Materie liefern, die die Aktivität im Bereich des galaktischen Zentrums aufrechterhält. Um die Natur des molekularen Ringes besser zu verstehen, wurden zwei besonders auffällige Gebiete mit dem Short-Wavelength-Spectrometer (SWS) an Bord des ISO Infrarot-Satelliten genauer untersucht (Abb. II-12). Erstmalig wurden dabei vollständige Spektren über einen Wellenlängenbereich von 2.4 bis 45 mm von diesen Bereichen des molekularen Ringes gewonnen. In jeder der beobachteten Bereiche konnten ungefähr 20 H2 Linien, vor allem reine Rotationslinien nachgewiesen werden, deren Anregungsenergien einen Temperaturbereich von 500 bis fast 16000 Kelvin umfassen. Die so gewonnenen Daten konnten dazu verwendet werden, sehr genaue Aussagen über den physikalischen Zustand des sichtbaren, molekularen Wasserstoffs zu treffen. Die beobachteten Linien können außerdem dazu dienen, Modelle für die Extinktion der Infrarotstrahlung entlang der Sichtlinie zum galaktischen Zentrum zu überprüfen. Dabei wird ein bereits früher aus ISO-Beobachtungen am Zentrum der Milchstraße abgeleitetes Extinktionsgesetz von den H2 Emissionslinien aus dem Bereich des molekularen Ringes bestätigt.

 

In the centre of the Galaxy one of the most conspicuous structures is a nearly complete ring of predominantly molecular material. This molecular ring is intimately connected with the Galactic nucleus and may be the reservoir of gas that maintains the activity near the Galactic centre. To gain better knowledge about this highly interesting region, two especially dense clumps in the ring have been observed with the short wavelength spectrometer (SWS) onboard the infrared satellite ISO (Fig. II-12). For the first time, a full spectrum of these two molecular ring positions in the wavelength band of 2.4 to 45 µm was obtained. In both sources, we observed ~20 H2 lines, mostly pure rotational lines, which span a temperature range of 500 to almost 16000K. With this data set, we are able to derive reliable estimates of the physical conditions in the observed molecular hydrogen gas. In addition, these lines are used to verify model predictions for the extinction of infrared radiation in the ISM towards the Galactic centre. The data set agrees with an extinction model that was empirically derived from ISO observations of atomic hydrogen lines towards the centre of the Galaxy.

 

Entwicklung von Wolken und Wolkenkernen Evolution of clouds and cores

Beobachtungen im Radiobereich erlauben eine direkte Charakterisierung des physikalischen Zustands von sternerzeugenden, dichten Wolkenfragmenten. Mit Hilfe des NANTEN-Radioteleskops untersuchten wir 170 dichte Wolkenkerne in einigen nahen, vollständig kartierten Sternentstehungsregionen, die sich großteils am Südhimmel, in den Lupus- und Ophiuchus Sternentstehungsregionen befinden. Die Untersuchung der Wolkenkerne ergab in 75% der Fälle "sternlose Kerne", 20% erwiesen sich als "sternerzeugende Kerne" mit 1-4 jungen stellaren Objekten und 5% als "Sternhaufen-erzeugende Kerne", mit mehr als 4 neuen Sternen. Daraus ergibt sich, dass die meisten Kerne längere Zeit sternlos verbleiben. Eine Untersuchung des dynamischen Zustands der sternerzeugenden Kerne ergab, dass deren Eigengravitation die kinetische Energie der Strömung übersteigt, so wie das nach dem Abklingen von Turbulenz innerhalb der Wolkenkerne erwartet wird. Sternhaufenerzeugende Kerne befanden sich in Wolken deren Struktur eine Bugstoßwelle zeigt, also Hinweise auf Kompression von außen. Der äußere Druck auf Wolken und die Turbulenz in ihrem Inneren könnten deshalb die Hauptfaktoren in der Entwicklung von sternlosen Wolken zu sternerzeugenden Wolkenkernen sein.

 

Radio observations allow the direct physical characterization of dense star forming cloud fragments. We have surveyed 170 dense cores with the NANTEN radio telescope towards several nearby and completely mapped star-forming regions, located primarily in Lupus and Ophiuchus in the southern sky. They are classified into three categories regarding the number of young stellar objects (YSOs) associated with them, namely, no YSO (starless cores), 1-4 YSOs (star forming cores), and more than 4 YSOs (cluster forming cores). The fractions of cores in the three categories are 75%, 20%, and 5%, respectively. This shows that most of the cores remain starless for a long time scale. Analysis of dynamical stability of the cores reveals that the star forming cores have relatively smaller kinetic energies than gravitational energies. This implies that the dissipation of the turbulence in the cores leads to the onset of collapse and results in star formation. We also found that the cluster forming cores are located in the clouds whose structures show external shock effects, i.e., cometary head-tail shapes. The external pressure and the internal turbulence may be the key issue of the core evolution toward star formation.

Lutz, Poglitsch, Raab, Tachihara

 

2.2 Junge Sterne und Planeten 2.2 Young Stars and Planets
Die erste Million Jahre der Sonne The first million years of the Sun

Theoretische Untersuchungen des Kollapses dichter interstellarer Molekülwolken sind notwendig um die Verbindung zwischen gut beobachtbaren Wolkenzuständen und den Eigenschaften junger Sterne herzustellen. Insbesondere stellt sich die Frage nach den aus dem protostellaren Kollaps resultierenden fundamentalen Eigenschaften junger Sterne wie Masse, Leuchtkraft und Radius. Erstmals wurde eine kohärente dynamische Studie der Wolkenfragmentation, des protostellaren Kollapses und der frühen Phasen der Sternentwicklung durchgeführt und abgeschlossen. Die Eigenschaften von jungen Sternen wurden als Konsequenz der Eigenschaften der Mutterwolke und der Strömungsdynamik strahlender Medien bestimmt. Die Masse, Leuchtkraft und Effektivtemperatur in der ersten Million Jahre unserer Protosonne ergeben sich aus der gravitativen Fragmentation einer Wolkenregion, die einen ganzen Haufen prästellarer Klumpen erzeugt. Das globale Verhalten der Wolke resultierte aus dreidimensionaler, isothermer Gasdynamik jedes der einzelnen Fragmente, aus ihrer Strahlungshydrodynamik in sphärischer Symmetrie unter Berücksichtigung des konvektiven Energietransports. Demnach hängen die stellaren und protostellaren Eigenschaften für Alter unterhalb einer Million Jahre vom anfänglichen Wolkenzustand ab. Danach ergeben sich Eigenschaften, die von den Details der Wolken unabhängig sind, jedoch erheblich von bisherigen Rechnungen abweichen, die Wolkenfragmentation und Kollaps unberücksichtigt lassen. Im Alter von einer Million Jahre ist unsere Sonne doppelt so hell und an der Oberfläche 500 Kelvin heißer als bisher angenommen (Abb. II-13).

Theoretical studies of the collapse of dense interstellar molecular clouds are necessary to connect the well-observed cloud states to the properties of young stars. We determined young star properties as the consequence of the parent cloud properties. We finished the first coherent dynamical study of the cloud fragmentation phase, collapse and early stellar evolution of a solar mass star. Mass, luminosity and effective temperature in the first million years of our protosun result as a consequence of the gravitational fragmentation of a molecular cloud region that produces a cluster of prestellar clumps. We calculate the global dynamical behaviour of the cloud using isothermal three-dimensional hydrodynamics and follow the evolution of individual fragments with radiation-fluid-dynamics in spherical symmetry, including convective energy transfer. According to our results, the protostellar and stellar properties for ages less than a million years depend on the details of the initial cloud structure and differ substantially from those obtained in studies that neglect the protostellar collapse and cloud fragmentation. At an age of 1 million years our Sun is twice as bright and 500 Kelvin hotter than according to classical calculations that neglect the star formation process (Fig. II-13).
Abb. II-13: Leuchtkraft und Oberflächentemperatur der Sonne während der ersten Million Jahre nach strahlungshydrodynamischen Rechnungen. Dicke Line: Wolkenfragmentation, dünne Linie: Kollaps einer isothermen Gaskugel mit Sonnenmasse, einer sogenannten Bonnor-Ebert-Sphäre, strichliert: hydrodstatische Sternentwicklungsrechnung für vollkonvektiven Anfangszustand zum Vergleich.

 

Fig. II-13: Luminosity and surface temperature of the Sun during the first million years according to radiation-hydrodynamical calculations, thick line: cloud fragmentation, thin line: collapse of a solar mass isothermal gas-sphere, a so called Bonnor-Ebert sphere, dotted: hydrostatic stellar evolution calculation for fully convective initial state, for comparison.
Junge stellare Objekte Young Stellar Objects

Um die Prozesse bei der Bildung neuer Sterne besser zu verstehen, sind vor allem Aufnahmen mit möglichst hoher räumlicher Auflösung nötig. Für ein solches Sternsystem – Lk Ha 225 – sind uns mit der MPE/MPIA adaptiven Optik ALFA und unserem abbildenden Spektrometer 3D am Calar-Alto 3.5-m Teleskop die bisher schärfsten Aufnahmen im Infraroten gelungen. Damit konnten wir erstmalig die inneren Regionen dieses Doppelsternsystems im K-Band genauer untersuchen, und die Emission von den beiden Sternen klar voneinander trennen. Der hellste Stern in der Abb. II-14 diente uns hierzu als Referenzstern zur Korrektur der atmosphärisch induzierten Bildfehler mit der adaptiven Optik.

 

Progress in better understanding embedded stars in young star-forming regions, such as Lk Ha 225, is often hampered by limited spatial resolution, which cannot probe small scales. Using the MPE/MPIA adaptive optics system ALFA with the MPE 3D integral field spectrometer at the Calar Alto 3.5-m telescope, we have obtained the highest spatial resolution data to date in the near infrared for this system. The unique ability of these instruments has allowed us to probe the inner binary region in the K-band and for the first time to make clear distinctions between the emission from the two stars. The optically brightest star in this cluster, BD40+4124 (top centre in Fig. II-14), was used as the adaptive optics guide star.

 

Abb. II-14: Die linke Abbildung zeigt eine K-Band Aufnahme mit dem Herbig Ae/Be Stern BD40+4124 in der oberen Bildhälfte. Das Doppelsternsystem mit der bogenförmigen Nebelemission am linken unteren Bildrand ist Lk Ha 225. Die mittlere Abbildung zeigt eine Vergrößerung von Lk Ha 225. Die Verteilung der H2 1-0 S(1) Emission ist in der rechten Abbildung dargestellt.

Fig. II-14: Left is the K-band image of the field around the Herbig Ae/Be star BD40+4124 (top centre). The double system Lk Ha 225, enlarged on the right, is the pair in the lower left of the image with an obvious arm of continuum emission curling between them. The H2 1-0 S(1) emission line map is shown on the far right.

Das dichteste Gas in der Region, der H2O Maser und das Zentrum der stellaren Ausflüsse befinden sich aber in der stark extinktierten Quelle Lk Ha 225 am unteren linken Rand der Abbildung. Die Beobachtungen mit 3D zeigen CO-Emission bei beiden Sternen. Überraschenderweise konnte aber keine Brg-Emission nachgewiesen werden, die sonst bei solchen Sternen üblich ist. Und obwohl die südliche Komponente ausgeprägte thermisch angeregte H2 Emissionslinien besitzt (rechte Abb. II-14), konnte kein solches Gas in der nördlichen Komponente nachgewiesen werden. Im Nordosten findet sich ein zweiter Knoten mit H2 Emission. Dieser Knoten besitzt eine stärkere nichtthermische Komponente, zeigt größere Linienbreiten, und die Geschwindigkeiten stimmen mit der der Maserstrahlung überein. All dies deutet darauf hin, dass dieser H2 Knoten eng mit dem Maser verknüpft ist.

 

The densest gas, the H2O maser, and the outflow origin, all lie towards the embedded sources of Lk Ha 225 (lower left). Observations with 3D revealed CO emission towards each star. Surprisingly, in contrast to other YSOs with CO emission, LK Ha 225 has no detectable Brg emission. Additionally, (see the right panel of Fig. II-14) there is no H2 detected from the northern star, although strong H2 emission coincides with the southern star, where it is excited primarily by thermal mechanisms. A second knot of H2 observed to its northeast has a higher fraction of non-thermal emission, broader line widths, and a velocity shift matching that of the maser. This suggests that this knot of H2 emission is associated with the maser.

 

Abb. II-15: Die Abbildung zeigt den sehr jungen Protostern VLA 1623 bei einer Wellenlänge von 2.7 mm. Die Auflösung in den Abbildungen beträgt 7.65" x 3.80", 4.40" x 2.19", and 0.95" x 0.39" (von links nach rechts). Im gezeigten Beispiel kann die Quelle eindeutig in ein Doppelsternsystem aufgelöst werden.

Fig. II-15: The very young proto star VLA 1623 in 2.7 mm continuum emission. In the panels from left to right, the resolution is 7.65" x 3.80", 4.40" x 2.19", and 0.95" x 0.39". We conclude that this prototype Class 0 source is actually a binary system.

Noch jüngere Sterne sind selbst im Nahinfraroten nicht mehr sichtbar und müssen im Radiobereich beobachtet werden. Am BIMA Observatorium haben wir deshalb eine Durchmusterung von 24 jungen stellaren Objekten bei einer Wellenlänge von 2.7 mm durchgeführt, um das warme Gas in den jungen Sternen zu detektieren (Abb. II-15). Dies ist die erste systematische Suche nach der Emission von warmem Staub von solch jungen Sternen mit einer Auflösung von besser als 1" (Bogensekunde). Die maximale Winkelauflösung beträgt 0.4". Bei den sichtbaren T Tauri Sternen wird die Emission von einer kompakten (<1") zirkumstellaren Scheibe dominiert. In HL Tauri und DG Tauri konnten wir die Scheiben räumlich auflösen. Im Gegensatz dazu wird bei den eingebetteten Systemen die Kontinuumemission von ausgedehnten Staubhüllen dominiert und beträgt typischerweise > 85%. Eine einfache Abschätzung ergibt, dass in den T Tauri Sternen die zirkumstellare Materie 0.01–0.08 M¤ (Sonnenmassen) enthält. Bei den eingebetteten Systemen beträgt die zirkumstellare Masse 0.4–2.88 M¤. Alle beobachteten verhüllten Systeme sind Mehrfachsterne mit Abständen von weniger als 30". Je nach Abstand unterscheiden wir: Getrennte Hüllen (Abstand > 6500 AU), gemeinsame Hülle (Abstand 150–3000 AU) und gemeinsame Scheibe (Abstand < 100 AU). Diese drei Gruppen kann man mit den Fragmentationsprozessen während der Sternentstehung in Verbindung bringen: Die spontane Fragmentation der ursprünglichen Wolke erzeugt getrennte Hüllen, sphärische Systeme mit moderater zentraler Dichte führen zu gemeinsamen Hüllen, und die gemeinsamen Scheiben entstehen aus der Fragmentation von Scheiben mit hohem Drehmoment.

 

Still younger stars are not even visible in the near infrared and must therefore be observed in the radio. Using the BIMA observatory, we have conducted a survey of 24 young stellar objects in 11 fields at a wavelength of 2.7 mm, tracing the warm dust in young stars (Fig. II‑15). This is the first subarcsecond survey of the dust continuum emission from young, embedded stellar systems. The highest angular resolution is 0.4" (arcseconds). The optically visible T Tauri stars have continuum emission dominated by compact (<1") circumstellar disks. In the cases of HL Tauri and DG Tauri, the disks are resolved. The embedded sources have continuum emission dominated by the extended envelope, typically >85% of the millimetre emission. In the deeply embedded systems, it is difficult to uniquely isolate the disk emission component from the envelope extending inward to AU-sized scales. Simple estimates of the circumstellar mass in the optical/infrared and embedded systems are in the ranges 0.010.08 M¤ and 0.042.88 M¤, respectively. All of the target embedded objects are in multiple systems with separations on scales of 30" or less. Based on the system separation, we place the objects in three categories: separate envelope (separation >6500 AU), common envelope (separation 1503000 AU), and common disk (separation <100 AU). These three groups can be linked with fragmentation events during the star formation process: separate envelopes from prompt initial fragmentation and the separate collapse of a loosely condensed cloud, common envelopes from fragmentation of a moderate, centralized and condensed spherical system, and common disk from fragmentation of a high angular momentum circumstellar disk.

 

Röntgenemission und -variabilität von jungen Sternen in verschiedenen Sternentstehungsgebieten X-ray emission and variability of young stars in different star forming regions

Ein Vergleich von ROSAT-Röntgenmessungen und ISOCAM-Infrarotdaten erlaubt die Bestimmung der Röntgeneigenschaften von sehr jungen Sternen, die noch von Resten ihrer Mutterwolke oder zirkumstellarem Material umgeben sind.

 

A comparison of ROSAT X-ray measurements and ISOCAM infrared observations allows the study of the X-ray properties of very young stars which are still embedded in residual material of their parent cloud or surrounded by circumstellar material.

 

Junge Sterne mit Scheiben sind durch starke Emissionslinien im optischen Spektralbereich gekennzeichnet, während solche ohne Scheiben nur schwache Linienemission zeigen. Man bezeichnet daher die jungen stellaren Objekte mit Scheiben als klassische T Tauri Sterne und die scheibenlosen jungen Sterne als linienschwache T Tauri Sterne.

 

Young stellar objects with disks are characterized by strong emission lines in the optical, while diskless young stars show only weak line emission. These two classes of objects are therefore referred to as classical T Tauri stars and weak-line T Tauri stars.

 

In der p Oph Sternentstehungsregion lässt die Röntgenleuchtkraft keine signifikanten Unterschiede zwischen den jungen Sternen mit und ohne Scheiben erkennen. Daher muß der Beitrag der Scheiben zur Röntgenleuchtkraft (z.B. durch magnetische Rekonnexion zwischen Stern und Scheibe) gering sein. Die zwar quantitativ im Vergleich zur Sonne wesentlich erhöhte Röntgenveränderlichkeit junger Sterne in der T Tauri Phase ist qualitativ mit der solaren gut vergleichbar. Demnach hätte die Röntgenaktivität junger Sterne in dieser Phase ihren Ursprung also in sonnenähnlichen Flares.

 

For the p Oph cloud we find that there is no statistically significant difference between the X-ray luminosity functions of T Tauri stars with and without disks, confirming that the contribution of the disks to X-ray emission (for instance by magnetic reconnection between the star and the disk), or to X-ray absorption, must be small. The statistics of the X-ray variability of T Tauri stars shows that most of the sources are variable, and that their variability is consistent with a solar-like (hence magnetic) flare origin.

 

Die meisten, mit ISOCAM im Infraroten entdeckten T Tauri Sterne mit Scheibe, konnten mit ROSAT im Röntgenlicht nicht nachgewiesen werden. Das erklären wir damit, dass sie für einen Nachweis zu schwach sind, und sagen die Entdeckung von etwa 40 eingebetteten T Tauri Sternen ohne Scheibe im betreffenden Gebiet vorher, wenn mit Chandra und XMM-Newton die Nachweisgrenze auf LX ~ 3 x 1028 erg s-1 gedrückt wird. Demnach sollte die Mehrzahl der bisher nicht röntgenidentifizierten jungen Objekte, Sterne mit niedriger und sehr niedriger Masse, d.h. mit weniger als 0.1 bis 0.6 Sonnenmassen, sein.

 

Most of the new young infrared sources that were discovered with ISOCAM were not detected by ROSAT. We attribute this to the fact that they were too faint for ROSAT. Hence we predict that about 40 unknown faint or embedded T Tauri stars remain to be discovered in X-rays in the respective field down to a limit of LX ~ 3 x 1028 erg s-1. We show that the bulk of these unknown young sources should be composed of low and very low mass stars, i.e. with 0.1 to 0.6 solar masses.

 

Im Rahmen einer systematischen Durchsuchung des ROSAT Datenarchivs wurden die Röntgenleuchtkräfte von T Tauri Sternen im Taurus-Auriga Sternentstehungsgebiet untersucht. Frühere Hinweise aus den Daten der ROSAT-Durchmusterung die darauf hindeuten, dass linienschwache T Tauri Sterne im Taurus-Auriga Gebiet stärkere Röntgenstrahlung emittieren als klassische T Tauri Sterne, wurden nun mit der besseren Empfindlichkeit von pointierten Beobachtungen bestätigt. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu den oben dargestellten Untersuchungen in der p Oph Region. Verschiedene Auswahleffekte wie z.B. Röntgenselektion der Sterne, sowie inhomogene Alters- oder Massenverteilung konnten als Ursache für die beobachteten Unterschiede der Röntgenleuchtkräfte von klassischen und linienschwachen T Tauri Sternen in Taurus-Auriga ausgeschlossen werden. Die Diskrepanz zwischen der Röntgenemission der beiden Klassen von T Tauri Sternen in p Oph und Taurus-Auriga könnte mit ihrer Drehimpulsentwicklung zusammenhängen. Unsere Studie zeigt, dass die Stärke der Röntgenemission mit der Rotationsgeschwindigkeit der Sterne korreliert ist. Da Sterne ihre Rotation erst beschleunigen nachdem sie ihre Scheiben verloren haben, deutet die höhere Röntgenleuchtkraft der linienschwachen T Tauri Sterne in Taurus-Auriga darauf hin, dass diese ihre Scheiben vor längerer Zeit verloren haben als ihre Gegenstücke in p Oph.

 

We have systematically searched the ROSAT archive for X-ray emission from T Tauri stars in the Taurus-Auriga star forming complex. Earlier results based on ROSAT All-Sky data have indicated that in Taurus-Auriga the weak-line T Tauri stars, i.e. those without disks, show stronger X-ray luminosities than classical T Tauri stars, i.e. their counterparts with disks. This has now been confirmed on the basis of the more sensitive pointed ROSAT observations, and is in contrast to the results reported above for the p Oph region. We have ruled out various selection effects as possible reasons for the observed luminosity differences between the two types of T Tauri stars in Taurus-Auriga, e.g. X-ray selection of the stars, and inhomogeneous age and mass distribution. The discrepancy between the X-ray emission of young stars in p Oph and Taurus-Auriga may be linked to the rotational evolution of the stars. We show that X-ray emission and rotational velocity of the stars are correlated, and stars can spin up only after losing the coupling to their disks. Therefore, the higher X-ray luminosities of the diskless T Tauri stars in Taurus-Auriga may imply that they have spent more time after losing their disks as compared to their counterparts in p Oph.

 

Die ROSAT Himmelsdurchmusterung hat völlig überraschend zur Entdeckung zahlreicher T Tauri Sterne auch außerhalb der bekannten Sternentstehungsregionen geführt. Um die generelle Verbreitung dieser neuen jungen Sternpopulation zu untersuchen wurden Durchmusterungen in der Cepheus-Cassiopeia Region und im Lupus Wolkenkomplex begonnen.

 

As a result of the ROSAT All-Sky Survey, numerous T Tauri stars have been discovered outside of known star formation regions. To further investigate this T Tauri population we started a survey in the Cepheus-Cassiopeia region and the Lupus cloud complex.

 

Gehören die Komponenten von T Tauri Doppelsternen zu verschiedenen Klassen? Do the components of T Tauri binaries belong to different classes?

Die beiden Klassen von T Tauri Sternen, nämlich sog. klassische und linienschwache, zeigen in der ROSAT Himmelsdurchmusterung unterschiedliche Röntgen-Eigenschaften: die linienschwachen T Tauri Sterne werden häufiger nachgewiesen als die klassischen. Dieser Unterschied erlaubt es uns, die Natur der Komponenten von T Tauri Mehrfachsternen auch dann zu untersuchen, wenn sie für eine spektroskopische Typbestimmung zu eng sind. Verschiedene Paarungen von Einzelsternen der beiden Typen (klassisch-klassisch, klassisch-linien-schwach, linienschwach-linienschwach) haben nämlich ebenfalls unterschiedliche Röntgen-Eigenschaften und sollten demnach mit unterschiedlichen Häufigkeiten in der ROSAT-Durchmusterung auftreten. Tatsächlich ist die Anzahl der linienschwachen T Tauri Doppelsterne mit der Hypothese verträglich, dass auch der Begleiter linienschwach ist. Gemischte Paare sind sehr selten. Hochaufgelöste ROSAT Messungen erlauben auch eine getrennte Röntgenuntersuchung von T Tauri-Doppel-sternen. Wir finden statistische Hinweise für die Hypothese, dass die Röntgenleuchtkraft der Primärkomponenten, d.h. des optisch helleren Sterns, jene der Sekundärkomponente übersteigt und dass beide Komponenten ähnliche Verhältnisse von Röntgen- zu Gesamtleuchtkraft haben. Außerdem strahlen Primärkomponenten härtere Röntgenphotonen ab als ihre Begleiter. In allen Fällen, in denen die stellaren Rotationsgeschwindigkeiten und/oder -perioden bekannt sind, rotiert der Primärstern schneller. Die stärkere Röntgenstrahlung der Primärkomponenten ergibt sich daher aus ihrer höheren Gesamtleuchtkraft und/oder ihrer schnelleren Rotation.

 

We present a study of X-ray emission of known multiple T Tauri stars in Taurus based on ROSAT observations. We used the ROSAT All-Sky Survey detection rates of single classical and weak-line T Tauri stars to investigate statistically the nature (classical or weak-line) of the components in multiple T Tauri stars, which are too close for spatially resolved spectroscopy so far. Because single weak-line T Tauri stars show a higher ROSAT All-Sky Survey detection rate than single classical T Tauri stars, the different binary T Tauri stars (classical/classical, classical/weak-line, weak-line/weak-line) should also have different detection rates. We find that the observed ROSAT All-Sky Survey detection rates of binary weak-line T Tauri stars, where the nature of the secondary is unknown, are in agreement with the secondaries being weak-line T Tauri stars rather than classical T Tauri stars, and mixed pairs are very rare. Furthermore we analyse the X-ray emission of T Tauri star systems resolvable by the ROSAT High Resolution Imager. Among those systems we find statistical evidence that primaries, i.e. those stars which are brighter in the optical, show larger X-ray luminosity than secondaries, and that the samples of primary and secondary T Tauri stars are similar concerning X-ray to bolometric luminosity ratio. Furthermore, primaries always emit harder X-rays than secondaries. In all cases where rotational velocities and/or periods are known for both companions, it is always the primary that rotates faster. Hence, the stronger X-ray emission of the primaries may be due to a higher bolometric luminosity and/or faster rotation.

 

Röntgeneigenschaften junger, heißer Doppelsterne X-ray emission properties of hot, young binary stars

Lindroos Doppelsterne sind visuelle Paare die sich aus einem heißen Primärstern frühen Typs und einem kühlen Sekundärstern zusammensetzen. Die Kontraktionszeit, die ein sonnenähnlicher Stern benötigt, um sein energetisches Gleichgewicht auf der Hauptreihe zu erreichen, ist vergleichbar mit der Lebenszeit heißerer, massereicherer Sterne. Die meisten Lindroos Primärsterne sind auf der Hauptreihe, und wenn die Sekundärsterne physikalisch an sie gebunden sind, handelt es sich bei ihnen um T Tauri Sterne. Wir haben die Röntgeneigenschaften der Lindroos Sekundärsterne untersucht und Röntgenleuchtkräfte gefunden, die mit jenen der sonnenähnlichen Vorhauptreihensterne vergleichbar sind. Demnach sind die Sekundärsterne jung und wahrscheinlich gravitativ gebundene Begleiter der Primärkomponenten. Die Untersuchung der Röntgenvariabilität der Lindroos Systeme führte darüber hinaus zur Identifikation eines großen Flares auf einem mit ROSAT unaufgelösten Lindroos Doppelstern. Aus theoretischen Gesichtspunkten wird erwartet, dass nur der masseärmere Sekundärstern Röntgenstrahlung erzeugt. Das beobachtete Verhältnis zwischen Röntgen- und bolometrischer Leuchtkraft steht in Einklang mit diesen theoretischen Erwartungen. Die Analyse des Temperaturverlaufs während des Flares ergibt klare Anzeichen für Aufheizen und anschließendes Abkühlen eines koronalen Plasmas.

 

Lindroos systems are defined as visual binaries consisting of hot primaries and cooler secondaries. The contraction timescale of a solar like star to the stellar main sequence is comparable to the main sequence lifetime of a hot star. Therefore, if the Lindroos binaries are bound, the secondaries are young stars, that is, T Tauri stars. We have carried out a study of the X-ray properties of the Lindroos systems making use of the ROSAT database. Our main result has been the detection of most of the cooler secondaries, meaning that they are young and probably bound to their primaries. The analysis of X-ray variability in Lindroos systems has led to the identification of a large flare on a Lindroos binary. The system is not resolved by ROSAT. Theoretically, X-ray emission is only expected for the lower mass companion in the binary. The observed ratio of X-ray to bolometric luminosity is consistent with X-ray emission from the secondary. The temporal evolution of the temperature during the flare clearly indicates heating and subsequent cooling of a coronal plasma.

 

Andererseits haben wir Röntgenemission von drei Lindroos Primärsternen nachgewiesen für deren Spektralklassen (B7–B9.5) theoretisch keine Röntgenstrahlung erwartet wird, weil sie weder starke Winde zeigen, wie heißere Sterne, noch eine signifikante Konvektionszone aufweisen, wie die kühleren. Die dennoch vorhandene Röntgenstrahlung wird mit derjenigen eines nicht getrennten kühlen Begleiters erklärt. Um diese Hypothese zu prüfen, haben wir räumlich hochaufgelöste Beobachtungen der drei Sterne mit Hilfe von adaptiver Optik durchgeführt. Nur bei einem Stern wurden Begleiter gefunden, deren Typ noch spektroskopisch bestätigt werden muss. Die beiden andern Lindroos Primärsterne sind entweder spektroskopische Doppelsterne mit nicht aufgelösten kühlen Begleitern oder sie sind intrinsische Röntgenemitter. Wäre Letzteres der Fall, müsste die Theorie dieser Sterne revidiert werden.

 

On the other hand, we have also detected X-ray emission from three Lindroos primaries with spectral types of B7B9.5. Stellar theories do not predict the X-ray emission from late B-type stars, because they neither possess the strong winds responsible of the X-ray emission in hot stars nor do they possess a significant convection zone able to power a corona as in the cooler stars. The most accepted explanation for this X-ray emission is the presence of unresolved cool companions. In order to check this hypothesis, we have carried out Adaptive Optics observations of these three X-ray emitting Lindroos primary stars. Our main result is that just one out of the three stars shows two fainter companions around it. The other two cases must either be spectroscopic binaries with unresolved cool companions or they are intrinsic X-ray emitters, implying that the theory of these stars would have to be revised to account for this emission.

 

Suche nach jungen bedeckenden spektroskopischen Doppelsternen Search for young eclipsing spectroscopic binaries

Unter den mit ROSAT neuentdeckten T Tauri Sternen, also jungen "Sonnenvorläufern", wurde eine Reihe spektroskopischer Doppelsterne gefunden. Wir suchen nun nach Bedeckungen bei diesen Sternen, um dynamisch ihre Massen zu bestimmen. Die Masse ist der wichtigste Parameter für die Entwicklung eines Sterns, aber sie konnte bisher nur für weniger als eine Handvoll Sterne in frühen Entwicklungsphasen direkt gemessen werden. Eine direkte Massenbestimmung eines sehr jungen Sterns würde einen entscheidenden experimentellen Test für die verschiedenen theoretischen Sternentwicklungsmodelle liefern. Deshalb haben wir hochaufgelöste spektroskopische Beobachtungen durchgeführt, um die Doppelsternbahnen zu bestimmen, und eine photometrische Überwachungskampagne, um gegenseitige Bedeckungen der Sterne aufzufinden.

 

Among the new ROSAT T Tauri stars, we have found several spectroscopic binaries. We search for an eclipsing double-lined spectroscopic binary T Tauri star, which would allow a direct measurement of the stellar masses. The mass is the most important parameter for the evolution of a star, but there are less than a handful of late-type pre-main sequence stars for which the masses have been measured directly. A direct mass measurement would provide an extremely valuable data point in an as yet almost unexplored region of the age-mass diagram, allowing a decisive experimental test of the different existing sets of theoretical evolutionary models for young stars. Therefore we have performed extensive high-resolution spectroscopic observations to determine orbits and a photometric monitoring campaign to find eclipses.

 

Im Rahmen der spektroskopischen Durchmusterung fanden wir (in Zusammenarbeit mit E. Günther, Tautenburg) den Vorhauptreihen-Doppelstern mit der bislang längsten bekannten Periode (7,5 Tage), bei kreisähnlicher Bahn. Unsere Resultate für den nicht-bedeckenden Doppelstern RXJ1603.8-3938 implizieren, daß die "Bahnzirkularisation" sicherlich schon während der Vorhauptreihenentwicklung stattfindet. Das abgeleitete Massenverhältnis und die Spektraltypen in diesem System sind nur schwer auf der Basis der gegenwärtigen Vorhauptreihenmodelle zu erklären: die zwei Sterne haben fast identische Massen jedoch einen großen Helligkeitsunterschied.

 

During the spectroscopic survey we found (in collaboration with E. Günther, Tautenburg) the pre-main-sequence binary with the longest period (7.5 days) that has a circular orbit. Our results for the non-eclipsing binary RXJ1603.8-3938 imply that circularisation certainly operates during the pre-main-sequence phase of evolution. The derived mass ratio and spectral types of the stars in this system are hard to explain within the current theoretical models of pre-main-sequence evolution: The two stars have almost identical masses, whereas there is a big difference in their brightnesses.

 

Photometrische und spektroskopische Beobachtungen von RXJ1608.6-3922 zeigten, dass es sich dabei nicht um einen Bedeckungsveränderlichen handelt, wie bisher vermutet wurde, sondern um einen Einzelstern mit mehreren Flecken an der Oberfläche. Spektroskopische Messungen ermöglichten es, einen Begleiter mit mehr als 24 Jupitermassen auszuschließen.

 

Photometric and spectroscopic observations of RXJ
1608.6-3922 revealed that it is not an eclipsing binary as claimed before, but a single star exhibiting multiple spots on its surface. High-precision photometry ruled out any companion for this star down to masses of about 24 Jupiter masses.

 

Junge Sterne in Sonnennähe Young stars in the solar neighborhood

Mit der Entdeckung einiger Ansammlungen von jungen Sternen in Sonnennähe, d.h. die weniger als etwa 100 pc entfernt sind, eröffnet sich ein völlig neues Gebiet für das Studium der Sternentstehung. Bislang waren junge Sterne vor allem in weiter entfernten, mit Molekülwolken assoziierten, Sternentstehungsgebieten gefunden worden. Die nächstgelegene der bislang identifizierten Regionen mit jungen Sternen, abseits von bekannten Molekülwolken, ist die Tucanae Assoziation in einer Entfernung von etwa 45 pc. Ein Merkmal junger Sterne ist starke Emission im Röntgenbereich. Mit zunehmendem Alter der Sterne nimmt die Röntgenleuchtkraft ab. Wir haben das ROSAT Archiv nach Röntgenstrahlung von Mitgliedern der Tucanae Assoziation durchsucht. 13 (60%) der Objekte sind als Röntgenquellen detektiert, und davon zeigen die meisten starke Variabilität in den ROSAT Durchmusterungsdaten. Dies könnte auf Flares hindeuten. Wir haben die Röntgenleuchtkraftfunktionen in der Tucanae Region mit den für andere Sternentstehungsgebiete abgeleiteten Verteilungen der Röntgenleuchtkräfte verglichen. Dabei fanden wir gute Übereinstimmung mit den Leuchtkräften in der TW Hydrae Assoziation (Entfernung etwa 50 pc) sowie der Taurus Region. Beide Gebiete enthalten Sterne im Alter von 1–10 Millionen Jahren. Die 100 Millionen Jahre alten Plejaden zeigen deutlich schwächere Röntgenleuchtkräfte. Diese Zusammenhänge können als Indiz für das junge Alter der Tucanae Sterne gedeutet werden.

 

The recent discovery of several groups of young stars in the vicinity of the sun (at distances of less than 100 pc) has opened a new research field in star formation. So far most of the young stars were found in star forming regions at larger distances that are associated with molecular cloud complexes. The nearest identified region with young stars far from molecular clouds is the Tucanae association at 45 pc. X-ray emission is a prominent property of young stars. With increasing age the strength of the X-ray emission declines. We have searched the ROSAT archive for X-rays from members of the Tucanae association. 13 (60%) of the objects under study are detected X-ray sources. Most of these show strong variability in the ROSAT All-Sky survey, which could indicate flares. We have compared the X-ray luminosity functions in the Tucanae region to those for other star forming regions, and find that the luminosities agree well with those for the TW Hydrae association (distance approximately 50 pc) and the Taurus complex. The stars in both regions are at an average age of approx. 110 million years. The 100 million year old Pleiades display significantly lower X-ray luminosities. This can be considered as an indication for the young ages of the Tucanae stars.

 

Junge Braune Zwerge Young Brown dwarfs

Wir studierten die Veränderlichkeit von Braunen Zwergen und sehr massearmen Sternen in der Chamaeleon I (Cha I) Dunkelwolke mit Hilfe von hochaufgelösten Echellespektren am VLT. Dabei stellte sich heraus, dass die Streuung der Geschwindigkeiten dieser Objekte in Cha I sehr klein ist, d.h. geringer als 3 km/s. Dies deutet darauf, dass alle von uns untersuchten Objekte gemeinsam entstanden sind und keines von ihnen nach seiner Geburt von seinem ursprünglichen Ort herausgeschleudert wurde. Bei fünf der insgesamt neun untersuchten Objekte in Cha I entdeckten wir, dass sich die Radialgeschwindigkeit nach etwa drei Wochen eindeutig geändert hatte. Bisher ist wenig über Radialgeschwindigkeitsvariationen von Braunen Zwergen und deren Ursachen bekannt. Im Prinzip könnten Flecken auf der Oberfläche eine scheinbare Bewegung vortäuschen oder aber Begleiter sind der Grund für die gefundenen Variationen. Die Klärung dieser Frage wird das Ziel weiterer Beobachtungen sein.

 

We have carried out a study of the variability of brown dwarfs and very low mass objects in the Chameleon I (Cha I) dark cloud by means of high-resolution Echelle spectra taken with the VLT. The spectra taken with UVES revealed that the radial velocity dispersion of the Cha I cluster is very small, i.e. smaller than 3 km/s. These observations give evidence that all studied objects formed together and that there is no run-away brown dwarf among them. A second measurement of the radial velocities of the objects a few weeks later revealed significant changes in 5 out of 9. So far there is not much known about radial velocity variations of brown dwarfs and their causes. They can in principal be indications of spots on the surface or binarity of brown dwarfs. We expect to find the cause of these variations by further spectroscopic observations.

 

Direkte Suche nach extrasolaren Planeten Direct imaging search for extra-solar planets
Abb. II-16: TWA-5 A (heller Stern in Bildmitte) sowie sein Begleiter TWA-5 B (links davon). Darunter das Spektrum von TWA-5 B mit zwei Vergleichspektren, aufgenommen jeweils im sichtbaren Licht. Die beiden Vergleichsspektren grenzen die Temperatur von TWA-5 B ein und beweisen, dass es sich dabei um einen Braunen Zwerg handeln muss. (VLT/Kueyen, FORS2)

Fig. II-16: TWA-5 A (the bright star in the centre) and the companion TWA-5 B (to the left). Below the spectrum of TWA-5 B, together with two comparison spectra, all taken in visible light. The two comparison spectra bracket the temperature of TWA-5 B and prove that it must be a brown dwarf (VLT/Kueyen, FORS2)

Mit Hilfe von Infrarotkameras an bodengestützten Teleskopen (normale Abbildung, Speckle-Abbildung und Abbildung mit adaptiver Optik) suchen wir nach extrasolaren Gasplaneten als Begleitern von jungen, sonnennahen Sternen und Braunen Zwergen. Aufgrund andauernder Akkretion und/oder Kontraktion sind junge Planeten noch relativ leuchtkräftig und daher leichter nachweisbar. Die Suche konzentrierte sich im vergangenen Jahr auf die TW Hydrae Assoziation, für die ein Alter von etwa 12 Millionen Jahren angenommen wird. Dabei konnte mit CoD-33 7795 B = TWA-5 B ein Objekt als begleitender Brauner Zwerg von TWA-5 A mit Hilfe von astrometrischen Messungen, sowie optischer und Infrarot-Spektroskopie am VLT nachgewiesen werden. TWA-5 B ist erst der vierte Braune Zwerg, der sowohl durch spektroskopische, als auch durch Eigenbewegungsmessungen als Begleiter bestätigt ist. Unter diesen vier ist er mit 12 Millionen Jahren bei weitem der jüngste. Seine Masse liegt zwischen 15 und 40 Jupitermassen (Abb. II-16).

 

Using infrared cameras of ground-based telescopes (normal imaging, speckle, and adaptive optics), we search for giant extra-solar planets as companions to young nearby stars and brown dwarfs. Young planets have relatively high luminosities due to ongoing accretion and/or contraction, and hence are relatively easy to detect. In 2000 the search was focused on the TW-Hydrae association, with an estimated age of 12 million years. Based on astrometric measurements and optical and infrared spectroscopy we showed that CoD-33 7795 B = TWA-5 B is a brown dwarf companion of TWA-5 A. TWA-5 B is only the fourth brown dwarf, that is a confirmed spectroscopic and proper motion companion. With an age of 12 million years it is by far the youngest of these four. Its mass is between 15 and 40 Jupiter masses (Fig. II-16).

 

Kosmogonie für Planetensuche Cosmogony for planet searches

Die theoretisch erwarteten hohen Leuchtkräfte junger Planeten ermöglichten ihren direkten Nachweis bereits jetzt und von der Erde aus. Da der Planetenentstehungsprozess aber relativ langsam ist, muss bei der Suche nach Begleitern junger Sterne mit Objekten in sehr frühen Entwicklungsphasen, während oder unmittelbar nach dem Ende der Massenakkretion oder frühen Kontraktion, gerechnet werden. In diesen Phasen zeigen sich noch diejenigen Eigenschaften, die der Entstehungsprozess dem Planeten aufgeprägt hat. Deshalb sind theoretische Planetenmodelle, die die Planetenentstehung berücksichtigen, nötig, um schwache Begleiter junger Sterne einwandfrei als Planeten zu identifizieren. Entsprechende Modelle für Planeten und Braune Zwerge mit Altern bis zu 20 Millionen Jahren wurden im Rahmen unterschiedlicher Entstehungstheorien erstellt.

 

Their expected luminosities make young giant planets favourable for the first direct detection of an extra solar planet. The giant planet formation process is relatively slow with objects being in very early phases of evolution, e.g. at the end of mass accretion or at the beginning of contraction. In these phases planetary properties still bear the signature of their origin. Therefore quantitative models of giant planet formation and star formation are needed to determine the properties of young giant planets orbiting young stars. Such models for brown dwarfs and giant planets with possible ages up to 20 million years have been developed and are ready to use.

Ammler, Davies, Grosso, Huelamo, Joergens,
König, Looney, Neuhäuser, Spranger, Stelzer, Tecza, Tachihara, Wuchterl

 

2.3 Veränderliche Sterne 2.3 Variable Stars
Kataklysmische Veränderliche Cataclysmic Variables
Abb. II-17: Lichtkurve des Bedeckungsveränderlichen "HU Aquarii" im Weißlicht (Bereich 450–950 nm, Beobachtung mit dem OPTIMA Photometer am 1.3 m Teleskop, Skinakas, Kreta, vom 5. Juli 2000).

Fig. II-17: Light curve of the eclipsing binary system "HU Aquarii" in white light (range 450 - 950 nm). Observation with the OPTIMA photometer at the 1.3m telescope on Mt. Skinakas, Crete on July 5, 2000.

Sterne können auf unterschiedlichen Zeitskalen veränderlich sein, wofür Instabilitäten im Sternaufbau, aber auch Akkretionsstrom-Variationen oder Bedeckung von Emissionsregionen in Binärsystemen verantwortlich sein können. Zeitlich hochaufgelöste Messungen der optischen Lichtkurve des kataklysmischen Binärsystems HU Aqr wurden im Juni/Juli 2000 mit dem OPTIMA Photometer im Weißlicht (Bereich 450–950 nm) am 1.3 m Teleskop auf Skinakas (Kreta) durchgeführt. Abb. II-17 zeigt den typischen Verlauf der Emission des bedeckungsveränderlichen Binärsystems (Typ AM Her, Umlaufperiode 2h 5m), in dem sich ein magnetischer Weißer Zwerg in synchronem Orbit um einen M Stern bewegt. Das beobachtete Licht stammt aus dem Akkretionsstrom und der Polregion des Weißen Zwergs (Synchrotronemission in den starken Magnetfeldern). Deutlich sichtbar sind verschiedenen Emissions- und Absorptionsphänomene während eines Orbits. Vor dem Eintritt des Weißen Zwergs in die Bedeckung absorbiert der Akkretionsstrom einen Teil des Lichts vom polaren Akkretionspunkt. Mit einer Zeitskala von kürzer als 10 Sekunden wird dann der Brennfleck des Zwergsterns abgedeckt, während der Akkretionsstrom noch sichtbar bleibt. Im Detail ist sogar der Austritt des Weißen Zwergs sichtbar. Die beiden breiten Maxima der Lichtkurve werden als eine Kombination der Strahlung des Akkretionsstroms und der Abstrahlcharakteristik der Synchrotronemission interpretiert. Während der Maxima, wenn wir senkrecht auf die untere Akkretionssäule blicken, wurden mit OPTIMA erstmals äußerst kurze Strahlungsausbrüche registriert (siehe Spitzen bei 4500 und 8000 sec in Abb. II-17): Für die Dauer von Sekunden erhöht sich die Intensität um bis zu einem Faktor 2. Diese optischen Ausbrüche sind wahrscheinlich eine Folge von konzentrierten Dichteschwankungen im Akkretionsstrom, eine vollständige Interpretation dieses neuen Phänomens steht jedoch noch aus.

 

Stars can be variable on many different timescales due to instabilities in their internal structure, variations in an accretion stream or eclipses of emission regions in a binary system. Fast timing photometry of the optical light curve of the cataclysmic binary system HU Aqr was performed in June/July 2000 with the OPTIMA photometer (wavelengths 450950 nm) at the 1.3m telescope on Mt. Skinakas, Crete. Fig. II-17 shows the typical light curve of this eclipsing binary system (type AM Her, orbital period 2h 5m), in which a magnetic white dwarf star orbits an M star in locked rotation. The observed light originates in the accretion stream and the polar region of the white dwarf (synchrotron emission in the strong magnetic fields). Clearly visible is a sequence of emission and absorption phenomena in the course of one orbit. Before the entry of the white dwarf into eclipse the accretion stream absorbs part of the light coming from the polar hot spot. On a time-scale of less than 10 seconds this hot spot on the white dwarf is then occulted by the edge of the M star, while the accretion stream remains visible. In detailed analyses the re-appearance of the white dwarf can be observed at the end of the eclipse. The two broad maxima of the light curve are explained as a combination of radiation from the accretion stream and the characteristic beaming pattern of synchrotron emission. During the maxima, when we look at right angles on the lower accretion column, the OPTIMA observations revealed for the first time extremely short outbursts of optical radiation (the 'spikes' at 4500 and 8000 sec in Fig. II-17): on the scale of seconds the intensity increases up to a factor of 2. These optical outbursts are probably due to concentrated variations of density in the accreting material. A complete explanation of this new phenomenon has not yet been found.

 

Veränderliche in Kugelsternhaufen Variable Stars in Globular Clusters

Veränderliche Sterne finden sich auch in Kugelsternhaufen. Diese Kugelsternhaufen sind über den ganzen Halo und die Scheibe unserer Milchstraße verteilt und enthalten typischerweise 104–106 Sterne. Die Sterne in Kugelhaufen sind dabei so dicht gepackt, dass die Luftunruhe in unserer Atmosphäre normalerweise die Untersuchung von veränderlichen Sternen von bodengestützten Teleskopen aus unmöglich macht. Eigentlich wären Weltraumteleskope mit ihren außergewöhnlich scharfen Bildern hierfür ideal, aber die Analyse von veränderlichen Sternen erfordert eine Vielzahl von Beobachtungen zu verschiedenen Zeiten, die oft nicht mit dem Zeitplan der Satellitenexperimente in Einklang zu bringen sind. Dadurch haben sich Beobachtungen mit adaptiver Optik zu einem wichtigen Standbein der Analyse von veränderlichen Sternen in Kugelsternhaufen entwickelt.

 

Variable stars are also found in Galactic globular clusters such clusters of stars are distributed about the Galactic halo and disk and they consist of 104–106 stars in centrally concentrated, almost spherical arrangements. Due to the large numbers of stars seen towards the centre of many of them, and to the blurring of images due to the earth's atmosphere, studies of the central variable star populations have generally not been possible in the past using ground-based telescopes. Space-based observations would be the ideal solution, because they provide exquisitely sharp images; but extended time-base observations of many globular clusters have been precluded, for scheduling reasons. Adaptive optics imaging at ground-based telescopes is now an important facility for variable star studies in globular cluster cores.

 

Wir haben solche Beobachtungen des Kugelsternhaufens M3 mit der adaptiven Optik ALFA am Calar Alto Observatorium durchgeführt. Die Auflösung in den Aufnahmen beträgt weniger als 0.4". Dadurch konnten wir nicht nur mehrere Kandidaten veränderlicher Sterne als pulsierende Riesensterne (genauer RR Lyra) bestätigen, sondern auch mehrere neue, veränderliche Sterne entdecken. Indem wir den Abstand dieser Sterne vom Zentrum des Sternhaufens messen, lernen wir die Entwicklung dieses Haufens besser zu verstehen. Ein Stern ist uns bei unseren Beobachtungen dabei besonders aufgefallen. Er ist lichtschwächer als die oben erwähnten Typen, seine Periode ist wahrscheinlich sehr kurz (< 0.1 Tage) und die Schwankung seiner Helligkeit beträgt circa 0.8 ± 0,1 mag. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Stern um einen eruptiven Doppelstern oder einen Stern mit pulsierender Atmosphäre.

 

We have conducted adaptive-optics assisted imaging of the central region of the globular cluster M3 using ALFA at the Calar Alto Observatory. The angular resolution in these images is better than 0.4". In addition to detecting new variable stars, this study confirms many of our previously detected candidate variable stars which includes evolved, low mass, pulsating giant stars (of the RR Lyrae type) as well as some brighter late type giant stars; knowledge of the distribution of these stars with distance from the cluster centre can provide new clues for understanding the history of globular cluster evolution. One star, which is fainter than the pulsating stars mentioned above, shows some intriguing characteristics: a possible short period (< 0.1 d) and a K-band amplitude ~ 0.8 ± 0,1. Possibilities for this star include an eruptive binary or perhaps a pulsating star.

Butler, Kanbach, Straubmeier

 


2.4 Endstadien der Sternentwicklung
2.4 Final Stages of Stellar Evolution
Neutronensterne Neutron Stars

Im Verlaufe der Kalibrations- und Performance-Verifikationsphase des XMM-Newton Satelliten war der radio-leise isolierte Neutronenstern RX J0720.4-3125 Ziel von Beobachtungen. Es war dabei von Interesse, inwiefern das Energiespektrum des Neutronensterns Abweichungen von einem einfachen Schwarzkörper-Spektrum zeigt. Solche Abweichungen werden beispielsweise als Folge des Strahlungstransportes durch die Neutronensternatmosphäre erwartet. Die Auswertung der RGS (Reflection Grating Spectrometer) und EPIC-PN Daten, beides Instrumente die sich zum einen durch ihr hohes spektrales Auflösungsvermögen (RGS) sowie durch ihre große Empfindlichkeit bis in den weichen Röntgenbereich auszeichnen und prädestiniert sind für diese Art von Untersuchungen, lieferten jedoch keinen Hinweis auf spektrale Abweichungen von einem Schwarzkörper-Spektrum in RX J0720.4-3125. Das Fehlen von Elektron- und Proton-Zyklotronresonanzlinien im RGS-Spektrum erlaubt jedoch Rückschlüsse auf die Magnetfeldstärke des Neutronensterns und schließt Werte im Bereich (0.3–2.0) x 1011 bzw. (0.5–2.0) x 1014 Gauss aus.

 

During the calibration and performance verification phase of XMM-Newton, the radio quiet isolated neutron star RX J0720.4-3125 was observed. The goal was to detect spectral deviations from a simple black body spectrum in this target, which could be expected from radiation transport through the neutron star's atmosphere. The analysis of data taken with the RGS (Reflection Grating Spectrometer) and EPIC-PN, instruments that are highly suited for this kind of investigation due to their high spectral resolution (RGS) and their good sensitivity extending into the soft X-ray range, did not show any deviations from a black-body spectrum on RX J0720.4-3125. However, the absence of electron and proton resonant cyclotron-lines in the RGS spectra excludes magnetic fields in the range (0.32.0) x 1011 and (0.52.0) x 1014 Gauss, respectively.

 

Prädestiniert für das Studium mit Röntgensatelliten hoher Winkelauflösung sind Röntgenquellen im Zentralbereich von Supernova-Überresten. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob es sich bei dem während der Supernovaexplosion entstandenen kompakten zentralen Überrest um einen Neutronenstern oder gar um ein Schwarzes Loch handelt. Bekannte Beispiele mit kompakten Zentralobjekten sind die Suernova-Überreste RCW 103, PKS 1209-52, Cassiopeia-A und Puppis-A. Die alles entscheidende Frage bei der Untersuchung der zentralen Röntgenquelle in diesen Überresten konzentriert sich dabei oft darauf, ob die aufgezeichnete Röntgenstrahlung kurzzeitige, regelmäßige Intensitätsschwankungen zeigt die das zentrale Objekt als Pulsar, und damit als Neutronenstern, auszeichnet. Beobachtungen des Supernova-Überrestes PKS 1209-52 mit dem Röntgensatelliten Chandra führten zur Entdeckung gepulster Strahlung der kompakten Zentralquelle mit einer Periode von 424 ms, so dass das Objekt eindeutig als Neutronenstern klassifiziert wird. Die gepulste Röntgenstrahlung stammt wahrscheinlich von der heißen Oberfläche des Neutronensterns, die aufgrund magnetischer Effekte eine Temperaturverteilung aufweist.

 

X-ray satellites with good angular resolution are ideal for the study of X-ray sources in the central regions of supernova remnants (SNRs). The question about the nature of the compact central remnant of the supernova explosion is of prime importance here: is it a neutron star or possibly a black hole? Well-known examples of remnants with compact central objects are RCW 103, PKS 1209-52, Cassiopeia A and Puppis A. Often the temporal variations of the recorded X-ray intensities from these objects will decide the nature of their source. Short, periodic variations are indicative of a pulsar. Observations of the SNR PKS 1209-52 with the Chandra X-ray satellite led to the discovery of periodic intensity variations with a period of 424 ms in its central source. The object is therefore reliably classified as a neutron star. The pulsed X-ray emission probably originates on the hot surface of the neutron star, which exhibits a distribution of temperatures due to magnetic effects.

 

Zu einer Milliarde Jahre älteren Population von Pulsaren gehören die Millisekundenpulsare, deren Röntgenstrahlung zum erstenmal mit ROSAT entdeckt wurde und von denen man annimmt, dass ihre Rotation während einer bereits vergangenen Akkretionsphase beschleunigt wurde. Darauf deuten die große Zahl von Millisekundenpulsare hin, die sich in Doppelsternsystemen befinden. Nur 11 der ca. 100 heute bekannten Millisekundenpulsare unserer Galaxis sind ohne Begleiter. Einer dieser seltenen Objekte, der 4.8 ms Pulsar PSR J0030+0451, war das Ziel einer der letzten Beobachtungen mit dem ROSAT PSPC. Obwohl nur ca. 120 Röntgenphotonen von der Quelle detektiert wurden, führte die Photonenankunftszeitanalyse zum Nachweis der Röntgenpulse dieses Millisekundenpulsars. Zwar lässt die geringe Zahl von Röntgenphotonen keine detaillierte Spektralanalyse zur Bestimmung des Strahlungsursprungs zu, doch deutet die hohe Übereinstimmung zwischen der im Röntgen- und Radiobereich beobachteten Pulsprofile darauf hin, dass die Röntgenstrahlung - wie auch die Radiostrahlung - nicht-thermischen Ursprungs sein muss (Abb. II-18). Der hohe Anteil von ~70% gepulster Photonen, sowie die Ähnlichkeit des Pulsprofils mit dem als nicht-thermischen Röntgenstrahler bekannten Crab-Pulsar, (vergleiche Abb. II-19) sind weitere Argumente in diese Richtung.

 

Another population of pulsars are the so-called millisecond pulsars, characterized by their extremely fast rotation periods. X-rays from millisecond pulsars were first discovered with ROSAT. It is assumed that their rotation was accelerated during a previous phase of accretion, which is supported by the fact that most objects in this class belong to binary systems. Only 11 of about 100 known millisecond pulsars are single stars. One of these rare objects, the 4.8 ms pulsar PSR J0030+0451, was the target of one of the last ROSAT PSPC observations. Although only about 120 X-ray photons were detected from PSR J0030+0451, pulsations could be detected. The small number of detected photons does not allow a detailed spectral analysis to investigate the nature of the emission process. However, the good agreement of the pulse profiles observed at radio and X-ray wavelengths allows us to conclude that the X-ray emission from PSR J0030+0451 is of non-thermal origin (Fig. II-18). Further support for this conclusion can be derived from the high pulsed fraction (~70%) of the emission and the similarity of the light curves of PSR J0030+0451 and the Crab pulsar, a well known non-thermal source (compare Fig. II-19).

 

Abb. II-18: Röntgen und Radio-Pulsprofil von PSR J0030+0451 wie es mit ROSAT im 0.1-2.4 keV Band (oben) und dem Arecibo Radio-Teleskop bei 1.4 GHz (unten) beobachtet wurde. Zur Verdeutlichung des Profil-Verlaufs sind zwei Rotationszyklen dargestellt. Beide Puls-Profile haben eine große Ähnlichkeit mit dem Pulsprofil des jungen Crab-Pulsars (vergl. Abb. II-19).

Fig. II-18: X-ray and radio pulse profile of PSR J0030+0451 as observed with ROSAT in the 0.1–2.4 keV band (top) and the Arecibo radio telescope at 1.4 GHz (bottom). Two phase cycles are shown for clarity. Both profiles look similar to that of the young Crab pulsar (cf. Fig. II-19).

Da Neutronensterne im optischen Wellenlängenbereich bis auf wenige Ausnahmen eine Helligkeit besitzen, die nahe der Grenzhelligkeit der vorhandenen Teleskope liegt, ist bis heute nur wenig über die optischen Strahlungseigenschaften von Pulsaren bekannt. Insbesondere benötigt man zum Nachweis gepulster optischer Strahlung schnelle Photometer, wie das am Institut entwickelte OPTIMA-Photometer, mit dem vom 3.5m Teleskop am Calar Alto Observatorium aus Beobachtungen des ca. 300000 Jahre alten Neutronensterns Geminga im Weißlicht (Wellenlängenbereich 450–950 nm) gemacht wurden. Ziel dieser Beobachtungen war der Nachweis der mit der Rotationsperiode des Neutronensterns modulierten optischen Strahlung, wie sie mit niedriger Signifikanz bereits im blauen Wellenlängenbereich gesehen wurde. Die durchgeführten Messungen führten nicht zum Nachweis optischer Pulse, woraus die behauptete Modulation von Geminga im B-Band stark in Frage gestellt wird. Bevor jedoch eine endgültige, quantitative Aussage zum gepulsten Anteil der optischen Emission von Geminga getroffen werden kann, müssen weitere, durch Filter eingeschränkte Messungen, durchgeführt werden. Am Crab Pulsar, dessen optische Lichtkurve in Abb. II-19 gezeigt wird, konnten mit OPTIMA Details der Pulsmaxima aufgelöst werden, die bisher nur andeutungsweise bekannt waren. In Abb. II-19 ist das Maximum des ersten Peaks phasenaufgelöst dargestellt. Wie die Abbildung zeigt, erkennt man eine Abplattung der Intensität über einen Bereich von ca. 165 µs, was einem Umdrehungswinkel von 1.8 Grad entspricht. Dieser abgeflachte Verlauf der optischen Lichtkurve könnte sowohl durch die räumliche Ausdehnung des optischen Emissionsgebiets, als auch durch Selbstabsorption in der kompakten Strahlungsquelle interpretiert werden.

 

Optical emissions of neutron stars are, with only a few exceptions, extremely faint and pose a challenge to current large telescopes. Therefore relatively little is known about the optical properties of pulsars. In particular one needs to employ fast, sensitive photometers like the OPTIMA photometer developed in the institute. OPTIMA was used on the 3.5 m telescope on Calar Alto to observe optical emission (white light, wavelength range 450950 nm) from the prominent neutron star Geminga, which has an age of about 300000 years. The aim was to search for modulations in the optical signal at the well-known period of Geminga, which had been claimed with low significance previously from observations in the blue wavelength band. The available OPTIMA observations did not detect any modulation and therefore cast doubt on the previous claim in the B band. However before a final conclusion can be drawn on the pulsed fraction of Geminga's optical emission, further measurements with the now fully instrumented OPTIMA, including suitable filters, must be performed. Observations of the Crab pulsar, whose optical light curve recorded with OPTIMA is shown in Fig. II-19, have revealed details in the peak regions of the pulses, that have so far only been known tentatively. Fig. II-19 shows the maximum of the first peak of the light curve with high phase resolution. One can recognize a flattening of the peak over a duration of about 165 µs, which corresponds to a rotational angle of 1.8 degrees. This flattening could be due to either the spatial extent of the optical emission region or to self-absorption in the compact radiation source.

 

Abb. II-19: Crab Lichtkurve im Weißlicht gemessen mit OPTIMA (450–950 nm, Calar Alto 3.5 m Teleskop).

Fig. II-19: Light curve of the Crab pulsar measured with OPTIMA, (450–950 nm, Calar Alto, 3.5 m telescope).

Ein ebenfalls interessantes Ergebnis, das auf optischen Beobachtungen eines Neutronensterns beruht, ist die Messung der Eigenbewegung des sehr lichtschwachen (V=25.6 mag) Neutronensterns RXJ1856.5-3754. In zwei mit dem Very Large Telescope der ESO in Chile aufgenommenen, zeitlich 1 Jahr auseinanderliegenden, Bildern des Neutronensterns wurde die Eigenbewegung von ma = (0.326 ± 0.064) Bogensekunden/Jahr bestimmt. Diese sehr große Eigenbewegung, in Verbindung mit der geringen Entfernung des Objekts von ca. 180 Lichtjahren, lässt vermuten, dass es sich bei diesem Neutronenstern nicht, wie ursprünglich angenommen, um einen alten akkretierenden Neutronenstern handelt, sondern um einen ca. eine Millionen Jahre jungen Neutronenstern mit einer etwa 700000 Grad heißen Oberfläche.

 

Another interesting result based on optical observations of a neutron star is the measurement of proper motion of the very faint (V=25.6 mag) object RXJ 1856.5-3754. From two images taken with the Very Large Telescope of ESO in Chile one year apart, the proper motion was derived as ma = (0.326 ± 0.064) arcsec/year. This large proper motion combined with the small distance of about 180 light years to the object leads to the assumption that this neutron star is not, as previously assumed, an old accreting object, but a relatively young neutron star, aged about 1 million years with a hot surface of about 700000 degrees.

 

 

 

Bis heute kennt man keine Neutronensterne, die mit einem schwarzen Loch ein Binärsystem bilden, obwohl es der Theorie nach solche Objekte geben sollte. Im Rahmen des Parkes Multi-Beam Radio-Surveys wurde kürzlich ein Radiopulsar entdeckt, bei dem die Bahnparameter zunächst daraufhin deuteten, dass es sich um einen solchen Neutronenstern handeln könnte. Nachfolgebeobachtungen mit dem 3D-Spektrometer des Anglo-Australischen Teleskops zeigten jedoch, dass PSR J1740-3052 sich vermutlich mit einem frühen B-Stern und nicht, wie ursprünglich angenommen, mit einem schwarzen Loch in einem Binärsystem befindet.

 

No binary systems containing a neutron star and a black hole have been found so far, although theory would predict that such systems exist. During the Parkes Multi-Beam Radio-Survey a binary radio pulsar was recently discovered, whose orbital parameters hinted at the possibility that the system contains a black hole. Follow-up observations with the 3D-spectrometer of the Anglo-Australian Telescope showed however that the companion of PSR J1740-3052 is likely to be an early B star and not a black hole.

Becker, Kanbach, Neuhäuser, Straubmeier,
Tacconi-Garman, Trümper, Zavlin

 

2.5 Wechselwirkung mit dem Interstellaren Medium
Supernova-Überreste Supernova Remnants (SNRs)

In einer Supernova-Explosion wird ein wesentlicher Teil der im Sterninneren fusionierten Materie beobachtet, so dass die Häufigkeit der Elemente und die physikalischen Bedingungen in der Explosion erschlossen werden können. Außerdem kann mit der Ausbreitung der Explosionswelle die Wechselwirkung mit der umgebenden Materie, d.h. sowohl mit dem stellaren Wind des Vorläufersterns als auch mit dem interstellaren Medium, studiert werden.

 

In a supernova explosion a major fraction of the matter created by nuclear fusion in a star can be observed so that elemental abundances and physical conditions prevailing in the explosion can be traced. In addition, along with the propagation of the explosion wave the interaction with the ambient medium, both the stellar wind of the progenitor star as well as the interstellar medium, can be studied.

 

Abb. II-20: Röntgenlichtkurve (0.5–2 keV) der Supernova SN 1987A (Kreise: ROSAT HRI, Quadrate: ROSAT PSPC, offene Dreiecke: Chandra, gefülltes Dreieck: XMM-Newton pn-CCD).

Fig. II-20: X-ray light-curve (0.52 keV) of supernova SN 1987A (circles: ROSAT HRI, squares: ROSAT PSPC, open triangles: Chandra, filled triangle: XMM-Newton pn-CCD).

Am 19. Januar 2000 wurde mit XMM-Newton die "First Light" Beobachtung gemacht. Dazu wurde die MPE pn-CCD Kamera auf die Gegend 30 Doradus in der Großen Magellanschen Wolke gerichtet. Es wurden Röntgenhelligkeit und Energiespektrum der Supernova SN 1987A vermessen, deren weiche Röntgenstrahlung mit ROSAT 1992 entdeckt und seitdem regelmäßig kontrolliert wurde. Dabei zeigte sich ein genereller Anstieg der Zählrate bis Ende 1998. Die mit dem Energiespektrum von XMM-Newton korrigierten ROSAT Flusswerte folgen zusammen mit dem XMM-Newton Wert einem parabolischen Anstieg (Abb. II-20). Das bedeutet, dass die Explosionswelle in ein Gebiet konstanter Materiedichte, die sich in einer Scheibe um den explodierten Stern befindet, hineinläuft. Dies wird aufgrund des im optischen Licht sichtbaren inneren Ring um SN 1987A erwartet. Doch ist das Emissionsmaß der thermischen Röntgenstrahlung sehr hoch. Falls die Dicke der Scheibe etwa dem Durchmesser des explodierten Sterns entspricht, ist die Materiedichte in der Scheibe so groß wie die im inneren Ring. Das bedeutet, dass die Lichtkurve in den nächsten Jahren zwar weiterhin ansteigen wird, aber nicht um in dem bislang erwarteten Ausmaß von mehreren Zehnerpotenzen.

 

On 19 January 2000 the "First Light” observation of XMM-Newton was made. The MPE pn-CCD camera was pointed to the 30 Doradus region in the Large Magellanic Cloud. The X-ray flux and the energy spectrum of the supernova 1987A were measured, the soft X-ray emission of which was discovered by ROSAT in 1992 and which was regularly monitored since then. It turned out that the count rate showed a general increase until the end of 1998. The ROSAT flux values corrected on the basis of the XMM-Newton energy spectrum show together with the XMM-Newton data point a parabolic increase (Fig. II-20). This means that the explosion wave runs into a region of constant matter density that has the shape of a disk surrounding the exploded star. This configuration is expected because of the SN 1987A inner ring, which is seen in visible light. But the emission measure of the thermal X-ray emission is quite high. If the height of the disk is about the diameter of the exploded star, the matter density in the disk is as large as the density in the inner ring. This means that the X-ray light curve is going to further increase in the next years but not by several orders of magnitude as has been generally expected.

 

Mit XMM-Newton wurde der Tycho Supernova-Überrest räumlich aufgelöst spektroskopiert (Abb. II-21). Im Südosten des Überrestes befinden sich zwei kleine, getrennte Emissionsknoten, deren Winkelausdehnung jeweils etwa zwei Grad beträgt. Ihre Röntgenspektren zeigen eine Vielzahl von Emissionslinien verschiedener Elemente, aber nur einer der beiden Knoten weist Emissionslinien von Eisen auf. Da sich die Abwesenheit von Eisenlinien in dem anderen Knoten über das gesamte Spektrum erstreckt, ist dies kein Resultat der Anregungs- und Kühlungsbedingungen, sondern die Eisenhäufigkeit ist in diesem Knoten extrem reduziert. Es tritt bei der Explosion eine Fragmentierung der stellaren Elementschalen auf einer Skala von wenigen Winkelgrad ein, und die Fragmente trennen sich durch unterschiedliche Geschwindigkeiten voneinander.

Using XMM-Newton we have taken spatially resolved energy spectra of the Tycho supernova remnant (Fig. II-21). In the south east of the remnant two small but separate knots have been found, the angular size of each being about two degrees. Their X-ray spectra show numerous emission lines of various elements, but only one of the two knots shows iron emission lines. Since there are not any iron emission lines over the entire spectral range of the other knot the absence of these lines is not a matter of the excitation or cooling conditions. Instead, the iron abundance of this particular knot is significantly reduced. In the explosion the individual stellar shells housing different elements fragment on an angular scale of a few degrees, and the fragments separate at differing speeds.

 

Abb. II-21: Echtfarben-Röntgenaufnahme des Tycho Supernova-Überrests; Härte des Röntgenspektrums steigt von rot über gelb und grün bis blau. In den roten Regionen ist die Eisen-L Emissionslinie besonders stark.

Fig. II-21: True-colour X-ray image of the Tycho supernova remnant; hardness of the X-ray spectrum increases from red, via yellow and green to blue. In the red regions the iron-L emission lines are particularly strong.

Abb. II-22: Röntgenaufnahme des Supernova-Überrests N132D in der Großen Magellanschen Wolke. Das blau eingetragene Spektrum des Gesamtüberrests zeigt die Emissionslinien der verschiedenen Elemente in unterschiedlichen Ionisationszuständen.

Fig. II-22: X-ray image of the supernova remnant N132D in the Large Magellanic Cloud. The blue coded spectrum of the total remnant shows the emission lines of various elements in different ionisation stages.


Abb. II-23: Röntgenspektren des Supernova-Überrests SNR 0102-72.3 in der Kleinen Magellanschen Wolke. Das grüne Spektrum repräsentiert den gesamten Überrest, das rote und das schwarze Spektrum gelten jeweils für einen Ausschnitt im Südosten bzw. im Nordosten des Überrests.

Fig. II-23: X-ray spectra of the supernova remnant 0102-72.3 in the Small Magellanic Cloud. The green coded spectrum represents the total of the remnant; the red and the black spectrum are for a section in the south east and north east of the remnant, respectively.

Die geschwindigkeitsabhängige Fragmentierung wird nicht in allen jungen Supernova-Überresten schlüssig beobachtet. Der Überrest N132D in der Großen Magellanschen Wolke, der im Gegensatz zum Tycho-Überrest nicht als das Resultat einer Typ Ia sondern einer "Core Collapse" Supernova angesehen wird, zeigt Eisen-Emissionslinien niedriger Ionisationsstufen, also relativ niedriger Temperaturen, filamentförmig über den gesamten Überrest verteilt. Bei diesen Temperaturen sollte die Eisen-K Emissionslinie nicht angeregt werden, dennoch ist sie im Spektrum außerordentlich prominent vorhanden. Das in der Eisen-K Linie mit der pn-CCD auf XMM-Newton aufgenommene Bild (Abb. II-22) zeigt, dass das Eisen, das zu dieser Linie führt, großräumig diffus über den gesamten Überrest mit einem Maximum nahe am Explosionszentrum vorkommt. Wie es zu dieser Temperatur- und Elementschichtung kommt, ist ungeklärt.

 

Speed dependent fragmentation is not being observed conclusively in all young supernova remnants. The remnant N132D in the Large Magellanic Cloud, which, in contrast to the Tycho remnant, is considered not to be the result of a Type Ia but of a "core collapse” supernova, shows emission lines of iron of low ionisation stages, i.e. relatively low temperatures, which are distributed as filaments over the entire remnant. These temperatures are too low to excite the iron K-line, but this line has been found to be extremely prominent in the spectrum. The iron K-line image taken with the pn-CCD on board of XMM-Newton (Fig. II-22) demonstrates that the iron emitting this line is spread over the entire remnant in a diffuse fashion but with a maximum close to the explosion centre. It is unclear what has led to this stratification in temperature and abundance.

 

Der ringförmige Supernova-Überrest SNR 0102-72.3 in der Kleinen Magellanschen Wolke wurde im April 2000 während der Kalibrationsphase von XMM-Newton beobachtet. Das EPIC pn Spektrum des gesamten Überrestes wird dominiert durch Emissionslinien von Sauerstoff und Neon in verschiedenen Ionisationszuständen, ebenso findet man Magnesium und Silizium. Erstmals wurde auch die Emissionslinie von Schwefel bei 2.45 keV nachgewiesen. Die ortsaufgelöste Spektralanalyse zeigt, dass im nordöstlichen Teil des ringförmigen Emissionsgebietes die Elemente höher ionisiert sind als im südöstlichen Ringabschnitt (Abb. II-23). Die Ionisierung der herausgeschleuderten Materie durch die von der Supernova-Explosion induzierten Stoßwelle ist im Norden weiter vorangeschritten. Das wird auch durch die dort vorherrschende höhere Temperatur nahegelegt.

 

The ring-like supernova remnant SNR 0102-72.3 in the Small Magellanic Cloud was observed in April 2000 in the course of the calibration phase of XMM-Newton. The pn-CCD spectrum of the entire remnant is dominated by emission lines of oxygen and neon of various ionisation stages; magnesium and silicon are found as well. For the first time also the emission line of sulphur at 2.45 keV was detected. The spatially resolved spectral analysis shows that the elements have reached a higher ionisation level in the north-eastern area than in the south-eastern section (Fig. II-23). In the north, the ionisation of the ejected matter induced by the supernova explosion wave has progressed much further. This is supported by the higher temperatures observed in the north.

 

In der ROSAT Himmelsdurchmusterung wurde eine Zahl neuer schalenförmiger Supernova-Überreste entdeckt, deren Röntgenspektren sich nach ASCA Messungen als nicht-thermisch herausstellten, was mit der kompletten Abwesenheit von Emissionslinien begründet wird. Die Emission kommt nicht aus einem heißen Plasma, sondern ist vermutlich Synchrotronstrahlung von Elektronen in einem magnetischen Feld von einigen Mikro-Gauss. Das impliziert Elektronenenergien von einigen zehn bis hundert TeV. Sychrotronstrahlung von hochrelativistischen Elektronen sollte auch in den durch thermische Emission dominierten Supernova-Überresten vorkommen, u.a. Cas A, dessen Energiespektrum bis zu mehr als 100 keV reicht. Mit der EPIC-pn-Kamera auf XMM-Newton, deren Energiebänder sich bis zu 15 keV erstrecken, wurden Bilder im Hochenergiebereich gemacht. Danach konzentriert sich die Hochenergieemission nicht auf die Schale, sondern ist diffus über das Innere verteilt, was der Vorstellung einer effizienten nichtlinearen diffusen Schockbeschleunigung widerspricht. Möglicherweise ist die Hochenergiestrahlung keine Synchrotronstrahlung sondern nicht-thermische Bremsstrahlung.

 

Numerous, previously unknown, shell-type supernova remnants have been discovered in the ROSAT all-sky survey; the X-ray spectra of some turned out to be of non-thermal origin according to follow-up ASCA observations. The complete absence of emission lines indicate a non-thermal origin. The radiation does not originate from a hot plasma but is most likely synchrotron emission of electrons moving in a magnetic field with a strength of some micro-Gauss. This implies electron energies of some ten to some hundred TeV. Synchrotron emission of highly relativistic electrons is then expected also from supernova remnants whose emission is dominated by thermal processes, like Cas A, the energy spectrum of which extends to more than 100 keV. Using the pn-CCD onboard XMM-Newton, the energy band that extends to about 15 keV, high-energy X-ray images have been made. The high-energy emission is not concentrated in the shell regions but is diffusely distributed over the entire remnant, an observation that is in contradiction with the ideas of an efficient non-linear diffusive shock acceleration. Possibly, the high-energy radiation is not synchrotron emission but non-thermal bremsstrahlung.

Die Strahlungsenergie im Krebs-Nebel stammt von dem vom Pulsar erzeugten Wind von relativistischen Teilchen und elektromagnetischen Wellen. Unklar ist nach wie vor die Injektion und die Ausbreitung der Elektronen im Nebel. Die Einstein- und ROSAT-Bilder zeigen, dass der Wind nicht isotrop, sondern auf die Äquator- und Polzonen des Pulsars begrenzt ist. Das wird besonders eindrucksvoll durch Chandra-Beobachtungen belegt. Die Ausbreitung der Elektronen im Nebel sollte stark durch die Synchrotronverluste im optischen Bereich und besonders im Röntgenbereich geprägt sein. Das scheint aber nicht der Fall zu sein, da der Nebel im Röntgenbereich ebenso groß wie im Radiobereich ist, in dem die Verluste vernachlässigbar sind. Mit XMM-Newton wurde die Veränderung des Spektrums räumlich aufgelöst. Dabei zeigen die äquatorialen Zonen ein Spektrum, das praktisch dem des Pulsars entspricht, während das Spektrum in den Polzonen, den Jets, deutlich steiler ist. Die Außenbereiche des Nebels weisen zwar wie erwartet die steilsten Spektren auf, dennoch ist unklar wie diese Elektronen vom Pulsar bis in die Außenbereiche, die etwa 4 Lichtjahre voneinander getrennt sind, gelangen, da ihre Energie wegen der starken Synchrotronverluste nur für wenige Jahre ausreicht, um im Röntgenbereich zu strahlen. The radiation energy of the Crab Nebula is related to the pulsar-produced wind of relativistic particles and electromagnetic waves. Still today the electron injection and propagation mechanisms throughout the nebula are unknown. Both the Einstein and the ROSAT images show that the wind is not isotropic but is confined to the equator and pole regions of the pulsar. This is most evident from the recent Chandra images. The propagation of the electrons through the nebula is expected to be largely affected by synchrotron losses which should be evident in the optical range and even more so in X-rays. However, this appears not to be the case since the nebula in X-rays is as large as in the radio regime, in which synchrotron losses are negligible. Using XMM-Newton changes of the X-ray spectrum were spatially resolved. The equatorial regions show a spectrum that is basically identical with the pulsar spectrum, whereas the spectrum related to the polar regions, the jets, is significantly steeper. The outer regions of the nebula exhibit the steepest spectra as expected, but it is unclear how the electrons can travel 4 light years from the pulsar to the outer regions, since their energy lasts just for a few years for them to radiate in X-rays because of the strong synchrotron losses.
Radioaktive Ejekta von Sternassoziationen Radioactive Ejecta of stellar associations

Sternwinde, Novae und Supernovae führen Material von Kernfusionsreaktionen, einschließlich Spuren radioaktiver Isotope, ins interstellare Medium zurück. Charakteristische Gamma-Linienstrahlung spiegelt direkt die Quellorte von Nukleosynthese wider, auf den jeweiligen Zeitskalen (44Ti: 90 Jahre, 26Al: 106 Jahre). Mit insgesamt 9 Jahren COMPTEL Himmelsdurchmusterung kann die Emission von 26Al detailliert studiert werden. Hierbei bieten sich insbesondere die vergleichsweise nahen Sternentstehungsregionen und Sternassoziationen in der Cygnus-Region für Modellvergleiche an, aber auch die der noch näher gelegenen Orion-Region oder der Sco-Cen Assoziation.

 

Stellar winds, novae, and supernovae recycle products of nucleosynthesis with traces of radioactive isotopes into the interstellar medium. Characteristic gamma-ray line emission sources reflect such sources of nucleosynthesis on time scales of the respective radioactive decay (44Ti: 90 years, 26Al: 106 years). Nine years of sky survey with the COMPTEL instrument provides a solid baseline for detailed study of 26Al nucleosynthesis. In particular, nearby star forming regions such as in the Cygnus region, or the nearby Orion region, or in the even closer Sco-Cen association, are all prime study objects, and can be used for detailed testing of our models.

 

Abb. II-24: Himmelskarten in der 1.809 MeV Linie von 26Al, wie sie aus COMPTEL Daten entfaltet wurden (links), im Vergleich mit dem Modell der Region, wie es aus unserem Populationssynthesemodell bestimmt wurde (rechts). Für die OB 4 Assoziation liegen keine hinreichenden Daten zur Modellierung vor, der Beitrag von OB 2 erscheint höher als erwartet.

Fig. II-24: Sky maps in the 1.809 MeV gamma-ray line from 26Al, as deconvolved from COMPTEL measurements (left), compared to emission as obtained from our population synthesis model right). For the OB 4 association data are insufficient, the contribution from OB 2 appears larger than expected.

Unser Populations-Synthese-Modell für OB Assoziationen erzeugt sowohl radioaktive Gammastrahlung, als auch Ionisationsleistung und kinetische Energieabgabe in das umgebende interstellare Medium, jeweils als Funktion der Zeit. Damit setzten wir die astronomischen Randbedingungen aus der Cygnus-Umgebung um in ein erwartetes Gammalinien-Bild der Region. Überwiegende Konsistenz mit dem beobachteten Bild (Abb. II-24) zeigt, dass unsere Vorstellung von den massereichen Sternen als Quelle der 26Al Radioaktivität auch im Detail unterstützt wird. Darüber hinaus kehren wir den Ansatz um, und bestimmen aus den observablen "Gammaemission" und "Größe von Schalenstrukturen" die nicht sehr genau bekannten Mächtigkeiten der OB Assoziationen und deren Alter (z.B. OB 4), in Abhängigkeit von Parametern der Sternpopulation, wie Windeigenschaften und Sternmassen-Verteilung (IMF). Dabei entdecken wir Inkonsistenzen in den Mächtigkeiten der verschiedenen Assoziationen; aus deren Korrektur bestätigt sich die Vorstellung, dass die Cygnus OB2 Assoziation der entscheidende Motor der Sternentstehung in der Cygnus-Region war.

 

Our population synthesis model for OB associations predicts radioactive gamma-ray emission from nucleosynthesis, as well as ionisation power and injection of kinetic energy into the interstellar medium, each as functions of star cluster evolution time. This allows us to translate the astronomical facts collected about the Cygnus region into a predicted gamma-ray line image of the region. The observed FIRST-ORDER consistency with the COMPTEL measurement (Fig. II-24) confirms our basic and even detailed understanding of 26Al synthesis. Moreover, we invert this approach to determine the otherwise often uncertain OB association richness and age (e.g. OB 4) from observed gamma-ray line emission and ISM features, as a function of population parameters such as initial mass function (IMF) and wind properties. From such comparison, we note inconsistencies in currently adopted association richnesses. We specifically obtain a richness correction for Cygnus OB2 that confirms that this association was the driving engine of Cygnus region star formation.

 

Die Lokale Blase The Local Bubble
Abb. II-25: Emissionsspektrum für die Lokale Blase, abgeleitet aus zeitabhängigen dynamischen Entwicklungsrechnungen. Die Entstehung und Expansion der Blase wurde durch 10 Supernovae im Zeitraum von ~107 Jahren hervorgerufen. Die kinetische Temperatur beträgt etwa 43000 K; es tragen jedoch Rekombinationslinien bis zu 1 keV signifikant zum Spektrum bei. Besonders auffallend ist eine dominante HeII-Rekombinationslinie unterhalb 228 Å.

Fig. II-25: Emission spectrum of the Local Bubble derived from time-dependent dynamical calculations. The origin and evolution of the bubble is due to 10 supernovae exploding sequentially within ~107 years. The kinetic temperature is about 43,000 K; however recombination lines contribute significantly to the spectrum up to 1 keV. Note the dominant HeII recombination line short-ward of 228 Å.

Es wurde die zeitliche Entwicklung von jungen Sterngruppen mit Hilfe von Hipparcos-Daten untersucht (Zusammenarbeit mit Th. Berghöfer, Sternwarte Hamburg), um herauszufinden, ob es in den letzten 10–50 Millionen Jahren einen Sternhaufen mit jungen massereichen Sternen gegeben hat, der für den Ursprung der Lokalen Blase verantwortlich sein könnte. Es hat sich aus der Analyse von publizierten stellardynamischen Daten gezeigt, dass eine junge Untergruppe der Pleiaden vor ca. 20 Millionen Jahren das heutige Gebiet der Lokalen Blase durchquert hat. Anpassungsrechnungen an heute noch zur Gruppe gehörige Sterne vom Spektraltyp B1–B3 an eine Massenverteilungsfunktion für junge Sterne (sog. initial mass function) haben gezeigt, dass etwa 40 ± 20 Supernovae in dem Haufen stattgefunden haben können, ein Teil davon mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb der heutigen Lokalen Blase.

 

We have analysed the evolution of young stellar moving groups using Hipparcos data (collaboration with Th. Berghöfer, Sternwarte Hamburg). The goal was to find out if there existed an association of young massive stars about 1050 millions years ago, which could be responsible for the origin of the Local Bubble. Analysing published data of local stellar dynamics, we found that a young subgroup of the Pleiades passed through the region of the present day Local Bubble about 20 million years ago. Fitting an initial mass function (IMF) for young stars to stars of spectral type B1B3, it appears that about 40 ± 20 supernovae have occurred within the cluster, most of them probably within the present day Local Bubble.

 

Die Auswirkung dieser zeitlich aufeinander folgenden Supernova-Explosionen auf das Umgebungsmedium, sowie dessen zeitliche Entwicklung, wurden mit einem neu entwickelten Hydrocode, unter Annahme sphärischer Symmetrie simuliert. Es wurde dabei angenommen, dass die stellaren Explosionen in einer Molekülwolke stattgefunden haben. Durch Implementierung einer zeitabhängigen inneren Randbedingung kann der Auswurf von heißer Ejekta-Materie und ihre Expansion in das Umgebungsmedium direkt numerisch verfolgt werden, sowie auch das anschließende Ausbrechen der entstandenen Superblase aus der Wolke. Gleichzeitig wird die zeitliche Entwicklung der Nichtgleichgewichts-Ionisations-Struktur berechnet. Es hat sich gezeigt, dass im Falle schneller adiabatischer Expansion infolge eines Dichtegradienten am Rande der Wolke, die Rekombination der adiabatischen Kühlung nicht folgen kann, und das Röntgenspektrum daher durch Rekombinationsverzögerung charakterisiert ist. Demnach liegt die kinetische Temperatur der Lokalen Blase zum heutigen Zeitpunkt mit etwa 43000 K deutlich unter dem kanonischen Wert von 106 K. Gleichwohl gibt es signifikante Beiträge zur Röntgenemission bis zu 1 keV (Abb. II-25).

 

The effect of sequentially exploding supernovae in such a cluster on the ambient medium (molecular cloud), as well as the evolution of the expanding bubble, has been calculated with a newly developed hydro code, assuming spherical symmetry. By implementing a time-dependent inner boundary condition, it is possible to follow both the evolution of the hot ejecta numerically and the break out of the super bubble from the molecular cloud. In addition we calculate the temporal variation of the non-equilibrium ionisation structure. It is found that in case of fast adiabatic expansion due to a density gradient across the edge of the cloud the recombination lags behind the adiabatic cooling and the emerging X-ray spectrum is characterized by a recombination delay. Thus the present day kinetic temperature of the Local Bubble is about 43,000 K, considerably less than the canonical value of 106 K. Nonetheless there are significant contributions to the X-ray emission up to 1 keV (Fig. II-25).

 

Unser Sonnensystem ist in eine Lokale Wolke eingebettet, die teilweise ionisiert ist. Diese Wolke ist das uns am nächsten gelegene Gebiet des ISM, und liegt selbst inmitten der Lokalen Blase. Man hat durch spektroskopische Untersuchungen festgestellt, dass die Wolke eine Temperatur von etwa 7000 K und eine Teilchendichte von etwa 0.3 cm-3 hat. Unter diesen Bedingungen ist der aus Beobachtungen abgeleitete Ionisationsanteil von HeII im Vergleich zu HII zu hoch, d.h. He ist überionisert. Die dafür erforderliche Ionisationsrate von 4.5 10-15 s-1 kann weder vom diffusen Strahlungsfeld der Sterne noch von dem einer Lokalen Blase mit einer Temperatur von 106 K im Stoßionisationsgleichgewicht aufgebracht werden. Die neuen dynamischen Entwicklungsmodelle der Lokalen Blase mit Nichtgleichgewichtsionisation (NEI) können jedoch durch eine besonders starke HeII-Rekombination (Abb. II-25) die erforderliche Rate, sowie gleichzeitig den beobachteten Fluss im weichen Röntgenbereich, liefern (Zusammenarbeit mit E. Jenkins, Universität Princeton).

 

Our solar system is embedded in a partially ionised Local Cloud, which is the closest patch of ISM, and which itself resides within the Local Bubble. It has been inferred spectroscopically that the cloud temperature is about 7000 K and the density is about 0.3 cm-3. Under these conditions the observationally determined ionisation fraction of HeII in comparison to HII is too high, i.e. He is overionised. The required ionisation rate of 4.5 1015 s-1 cannot be provided, neither by the diffuse radiation field of the stars nor a Local Bubble plasma with a temperature of 106 K in collisional ionisation equilibrium. The new dynamical evolution models of the Local Bubble, based on non-equilibrium ionisation (NEI), predict both the required rate due to a strong HeII recombination line (Fig. II-25), and also provide the observed flux of soft X-ray photons (collaboration with E. Jenkins, Princeton University).

 

Staubstreuhalos Dust scattering halos
Abb. II-26: Chandra-Beobachtung von Cygnus X-3. Die (punktförmige) Röntgenquelle ist von einem Halo aus Strahlung umgeben, die an interstellaren Staubkörnern gestreut wurde. Das Bild hat eine Kantenlänge von 100 Bogensekunden. Die scharfe horizontale Linie ist durch einen instrumentellen Effekt hervorgerufen.

Fig II-26: Chandra image of Cygnus X-3. The (point like) X-ray source is surrounded by a halo of radiation scattered on interstellar dust. The scale of the image is 100 arcsec ´ 100 arcsec. The horizontal 'line' across the source is due to an instrumental effect.

Eine schon vor 27 Jahren vorgeschlagene Methode zur geometrischen Entfernungbestimmung von Röntgenquellen konnte nun erstmals mit Chandra an Cygnus X-3 realisiert werden. Dabei wird die Streuung von Röntgenstrahlung an interstellarem Staub ausgenützt: da die gestreute Strahlung einen etwas weiteren Weg zurücklegen muss, erscheinen alle Helligkeitsschwankungen entsprechend verzögert in dem die Quelle umgebenden Streuhalo. Durch Analyse und Korrelation der Lichtkurven bei verschiedenen radialen Abständen von der Quelle konnte eine Entfernung von 9 kpc errechnet werden. Der noch relativ große Messfehler von 20% resultierte vor allem daraus, dass die Beobachtungszeit kürzer als eine Periode von Cyg X-3 war (Abb. II-26).

 

Using Chandra data of Cyg X-3 we succeeded for the first time in applying a method, developed 27 years ago, to directly determine the geometric distance to X-ray sources. The method implies the existence of a halo of radiation scattered on interstellar dust. Any intensity variations of the source itself appear delayed and smeared out in the halo. By analysing and correlating the X-ray light curves at different radial distances from the source, we could determine the distance to Cyg X-3 to be approximately 9 kpc. The statistics in this data set are meagre because the observing time was shorter than one orbital period of Cyg X-3 (Fig. II-26).


Aschenbach, Becker, Breitschwerdt, Burwitz, Dennerl, Diehl, Haberl, Kretschmer, Plüschke, Predehl, Sasaki, Schönfelder, Stadlbauer, Trümper

2.6 Galaxienweite Aspekte des Interstellaren Mediums 2.6 Large-scale aspects of the interstellar medium
Ursprung der Hochenergie-Emission vom "Galactic Ridge" Origin of hard X-ray emission from the Galactic ridge
Abb. II-27: Hochenergetische Emission von dem "Galactic Ridge" von RXTE and OSSE beobachtet, im Vergleich zu Vorhersagen für Emission von Protonen oder Elektronen mit einer harten (obere volle Linie) und zwei weichen (gestrichelte Linie und untere volle Linie) Spektren.

Fig. II-27: X-ray and gamma-ray emission from the Galactic ridge measured by RXTE and OSSE, compared with predictions for emission from protons and electrons with hard (upper solid line) and two soft (dashed line and lower solid line) spectra.

Der Ursprung der Hochenergie-Emission aus dem "Galactic Ridge", die von RXTE, GINGA, OSSE und COMPTEL im harten Röntgen- und niederenergetischen Gammastrahlen-Bereich beobachtet wurde, ist nicht verstanden. Es scheint unmöglich, diese als Emission einer Population von Punktquellen zu erklären. Eher scheint ein diffuser Ursprung wahrscheinlich. Wir haben die harte Röntgenstrahlung untersucht, die von suprathermischen Elektronen (10–500 keV) über Bremsstrahlung, oder von Protonen (10–500 MeV) über inverse Bremsstrahlung erzeugt wird. Wir nehmen nun an, dass die Beschleunigung "in situ" aus dem heißen thermischen Plasma im interstellaren Medium erfolgt. Normalerweise sollte die Beschleunigung von Protonen die der Elektronen dominieren. Allerdings sollten dann die assoziierten Kernanregungs-Gamma-Linien von 12C und 16O sehr intensiv sein, falls die Zusammensetzung der Kosmischen Strahlung derjenigen der hochenergetischen Kosmischen Strahlung entspricht. Nun wird bei der "in situ" Beschleunigung die Protonenkomponente stark unterdrückt. Damit wird ein Widerspruch zu den Obergrenzen für Linien von COMPTEL und OSSE vermieden. Im Prinzip könnten sowohl Elektronen- als auch Protonen-Prozesse die Hochenergie-Emission erklären; aber mit Protonen ergibt sich eine viel größere Energiedichte. Daher favorisieren wir die Emission von Elektronen. Jedenfalls scheint diese diffuse Hochenergiestrahlung von großer Bedeutung für den Energiehaushalt der Galaxis zu sein. Abb. II-27 zeigt das vorhergesagte harte Röntgenspektrum (von Protonen oder Elektronen) im Vergleich zu RXTE und OSSE-Daten

 

The origin of the intense hard X-ray and low-energy gamma-ray emission from the Galactic ridge observed by RXTE, GINGA, OSSE and COMPTEL is not understood. It seems impossible to explain it as the combined emission from a population of discrete sources, and a diffuse origin therefore seems more plausible. We have therefore investigated an origin of the hard X-rays from suprathermal electrons (10500 keV) emitting via bremsstrahlung, or from suprathermal protons (10500 MeV) via inverse bremsstrahlung. The acceleration is assumed to occur in situ in the interstellar medium, from the hot thermal plasma. Acceleration of protons is normally expected to dominate that of electrons. However a major objection to suprathermal protons has been the associated nuclear excitation gamma-ray line emission in 12C and 16O, which arises if the composition is similar to high-energy cosmic rays. In situ acceleration from the thermal plasma strongly suppresses the heavier nuclei and there is hence no conflict with the upper limits on lines from COMPTEL and OSSE. Both electron and proton emission processes could explain the X-ray emission, and require the same energy going into accelerated particles, but suprathermal protons require a much larger ambient energy density. Therefore the suprathermal electron mechanism seems most acceptable. In any case this diffuse X-ray emission seems to be of major significance for the energetics of the Galaxy. Fig. II-27 shows the predicted hard X-ray spectrum (from protons or electrons) compared with RXTE and OSSE data.

 

Effekte stochastischer Supernovae Effects of stochastic supernovae

Die Verteilung von Supernovae innerhalb der Galaxis ist inhomogen in Raum und Zeit. Dies wirkt sich aus in stochastischer Injektion kosmischer Strahlung von Supernova-Überresten. Wenn man die von EGRET auf dem COMPTON-Satelliten beobachteten Exzesse diffuser galaktischer Gammaemission oberhalb 1 GeV als inverse-Compton-Emission versteht, weist dies auf räumliche Inhomogenitäten für TeV Elektronen hin, was die Bedeutung stochastischer Effekte unterstützt. Unser Modell für die Ausbreitung kosmischer Strahlung und Gamma-Emission ist mit der Hinzunahme stochastischer Quellen erweitert worden. Damit schätzen wir den Einfluss auf die Spektren und Himmelskarten, wie die von EGRET und COMPTEL, oder von zukünftigen Experimenten wie GLAST und MEGA, ab.

 

 

The distribution of supernovae in the Galaxy is inhomogeneous in both space and time. As a consequence the injection of cosmic rays from supernova remnants is stochastic. If the excess Galactic gamma-ray emission above 1 GeV observed by EGRET on the COMPTON Observatory is interpreted as due to inverse-Compton emission, this suggests a large spatial inhomogeneity of TeV electrons, which supports the importance of stochastic effects. Our model for the propagation of cosmic rays and the related gamma-ray emission has been extended to include stochastic supernova remnant sources, and is being used to study the effects on the spectrum and sky maps as observed by EGRET and COMPTEL and expected from future projects like GLAST and MEGA.

Diehl, Dogiel, Moskalenko, Schönfelder, Strong

MPE Jahresbericht 2000 / MPE Annual Report 2000


HTML version: 2001-05-15; Helmut Steinle