Die Geschichte des Instituts

Das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) ist aus der von Prof. Reimar Lüst am 23. Oktober 1961 geschaffenen Abteilung für extraterrestrische Physik am Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik hervorgegangen. Diese Abteilung wurde am 15. Mai 1963 (Senatsbeschluß) in ein Teilinstitut des MPIs für Physik und Astrophysik umgewandelt. Prof. Lüst wurde zum Direktor des Instituts berufen. Das MPE ist der experimentellen und theoretischen Erforschung des Raumes außerhalb der Erde und astrophysikalischer Phänomene gewidmet. Seit den Anfängen hat es sich mit der Aufnahme vielversprechender Forschungsfelder und Berufung neuer Mitglieder stetig weiterentwickelt.

Bei seiner Gründung 1963 hatte das Institut 29 Mitarbeiter; davon waren 9 Wissenschaftler und 1 Doktorand. Bis 1975 wuchs die Zahl auf 180 (55 Wissenschaftler und 13 Doktoranden) und bis heute auf ca. 400 Mitarbeiter (130 Wissenschaftler und 75 Doktoranden). Dabei ist beachtenswert, dass die Zahl der Planstellen des Institutes seit 1973 nicht gestiegen ist – trotz der gewaltigen wissenschaftlichen Erfolge. Die zunehmenden Aufgaben und internationalen Verpflichtungen wurden daher in den letzten Jahrzehnten größtenteils mit zeitlich befristeten und drittmittelfinanzierten Stellen aufgefangen.

Das Institut ist auf Grund seiner international führenden Rolle ein Anziehungspunkt für wissenschaftliche Gäste aus aller Welt. Die Zahl der längerfristigen Gäste stieg von 12 im Jahr 1974 bis auf ein Maximum von 72 im Jahr 2000. Im Durchschnitt beherbergte das MPE in den letzten Jahren etwa 50 Gäste.

In den ersten Jahren stand die Untersuchung von extraterrestrischen Plasmen und der Magnetosphäre der Erde im Zentrum der wissenschaftlichen Arbeiten. Dazu dienten in-situ Messungen von Teilchen und elektromagnetischen Feldern sowie eine speziell entwickelte Ionenwolkentechnik mit Höhenforschungsraketen.

Als Forschungsschwerpunkt entwickelten sich in der Folgezeit die astrophysikalischen Beobachtungen im Infrarot-, Röntgen- und Gamma-Bereich, bei denen wegen der atmosphärischen Absorption keine Bodenbeobachtungen möglich sind. Als Träger für die Experimente wurden Raketen (über 100) und Höhenballone (über 50; siehe z.B. HEXE) eingesetzt.

Seit den 1990er Jahren haben sich Satelliten wegen ihres günstigen Verhältnisses von Beobachtungszeit zu Kosten als Trägerplattform durchgesetzt. Allerdings werden auch bodengebundene Teleskope und hochfliegende Beobachtungsflugzeuge zur Datengewinnung genützt, vor allem in nah-infraroten und optischen Bereich.

Durch moderne Beobachtungstechniken auf Satelliten sind über lange Zeit hohe Datenflüsse aufzunehmen, aufzubereiten und für die Auswertung zur Verfügung zu halten. Diese enorme Aufgabe wird durch eine in den letzten zehn Jahren stark gewachsene Datenverarbeitungsgruppe erfüllt. Für die großen Satellitenprojekte wurden spezielle Datenzentren eingerichtet.

Neben den vielen Erfolgen gab es auch Rückschläge. Hart betroffen war das Institut durch Fehler bei Testflügen von Ariane Trägerraketen 1980 und 1996. Der Satellit  "Feuerrad" an dem viele Mitarbeiter des Instituts über Jahre gebaut hatten, ging auf Grund einer Brenninstabilität der zweiten Stufe am 23. Mai 1980 verloren. Das gleiche Schicksal ereilte die vier Satelliten der "CLUSTER"-Mission beim Start der ersten Ariane 5 am 4. Juni 1996. Dieses Mal führte ein Fehler in der Raketen-Software zur Katastrophe. Der letzte Misserfolg war der Satellit "ABRIXAS", ein unter der Leitung des MPE von der Industrie gebauter Röntgensatellit, der im April 1999 nach wenigen Stunden in der Erdumlaufbahn wegen eines Fehlers in der Stromversorgung ausfiel.

Insgesamt jedoch kann das MPE auf eine Geschichte mit vielen wissenschaftlichen Erfolgen zurückblicken. Eine kleine Auswahl ist im folgenden zusammengestellt:

  • Die Erforschung der Ionosphäre und der Magnetosphäre durch Ionenwolken (1963 - 1985)
  • Die erste Karte der galaktischen Gammastrahlung ( > 70MeV) gemessen mit dem Satelliten COS-B (1978)
  • Die Messung des Magnetfeldes des Neutronensterns Her-X1 mit Hilfe der Gyrolinie (Ballonexperimente 1978)
  • Der experimentelle Nachweis des Rekonnexionsprozesses (1979)
  • Der künstliche Komet (AMPTE 1984/85)
  • Numerische Simulation einer stoßfreien Stoßwelle (1990)
  • Die erste Karte des Röntgenhimmels aufgenommen mit dem abbildenden Röntgenteleskop des Satelliten ROSAT (1993)
  • Erste Gamma-Himmelskarten im Bereich zwischen 1 und 30 MeV, gemessen durch das richtungsauflösende Compton-Teleskop COMPTEL auf dem Satelliten GRO (1994/1995)
  • Das Plasma-Kristall Experiment und seine Fortsetzungen auf der internationalen Raumstation (1996-2013)
  • Die Messung der Element- und Isotopenzusammensetzung des Sonnenwinds durch das CELIAS Experiment auf dem Satelliten SOHO (1996)
  • Erster Nachweis von Röntgenemission von Kometen und Planeten (1996, 2001)
  • Bestimmung der Energiequellen ultraleuchtkräftiger Infrarotgalaxien mit dem Satelliten ISO (1998)
  • Nachweis von Gamma-Linienemission (44Ti) in Supernovaüberresten (1998)
  • Tiefe Aufnahmen des extragalaktischen Röntgenhimmels mit ROSAT, XMM und Chandra und Auflösung des Röntgenhintergrunds in einzelne Quellen (seit 1998)
  • Bestätigung der Existenz eines supermassereichen schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxis (2002)
  • Nachweis eines doppelten aktiven Galaxienkerns im Röntgenlicht (2003)
  • Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte der Sterne in elliptischen Galaxien (2005)
  • Sternscheiben in Rotation um das schwarze Loch in der Andromedagalaxie (2005)
  • Bestimmung des Gasgehalts normaler Galaxien im frühen Universum (seit 2010)
  • Auflösung des kosmischen Infrarothintergrunds in einzelne Galaxien mit Herschel (2011)

Erweiterungsbau

Im Herbst 2000 wurde, nach gut zweijähriger Bauzeit, unser Erweiterungsbau fertiggestellt und bezogen. Neben den Büro- und Laborräumen haben wir nun auch einen großen Seminarraum für etwa 200 Personen und mehrere kleine Besprechungsräume. Damit sind nach über 15 Jahren wieder alle Arbeitsgruppen des Instituts in einem gemeinsamen Gebäude untergebracht.

Fotos des Erweiterungsbaus

Luftbilder

Nobelpreis

Im Jahr 2020 erhielt MPE-Direktor Reinhard Genzel den Physik-Nobelpreis zu seinen Forschungen am Schwarzen Loch im Zentrum unserer Milchstrasse. Er teilt sich den Nobelpreis mit Andrea Ghez und Roger Penrose. 

 

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