Riccardo Arcodia mit IAU-Doktorandenpreis ausgezeichnet
Die Internationale Astronomische Union (IAU) zeichnet MPE-Wissenschaftler Riccardo Arcodia für seine Dissertation zum Thema "Accretion onto black holes across the mass scale" mit einem PhD-Preis aus. Zusammen mit neun weiteren Preisträgern wird er einen Vortrag auf der nächsten IAU-Generalversammlung halten, die Anfang August in Busan, Südkorea, stattfindet.
Schwarze Löcher gehören zu den faszinierendsten Konzepten sowohl für (Astro-)Physiker als auch für die Öffentlichkeit. Viele der leuchtkräftigsten Phänomene im Universum, die wir kennen, sind irgendwie mit der Akkretion von Materie in Schwarzen Löchern verknüpft. Supermassereiche schwarze Löcher mit der millionen- bis milliardenfachen Masse unserer Sonne finden sich in den Zentren von Galaxien. Wenn dort ergiebige Gasreservoirs für die Akkretion zur Verfügung stehen, können sie sehr hell leuchten und werden dann als aktive galaktische Kerne (AGN) bezeichnet. Andere schwarze Löcher sind im Allgemeinen ruhig, werden aber sichtbar, wenn plötzlich Materie aus ihrer Umgebung auf sie einströmt. Die Akkretionsprozesse, die diese Systeme antreiben, lassen sie bei allen Wellenlängen aufleuchten. Die Galaxien, die sie beherbergen, werden dabei um ein vielfaches überstrahlt. Besonders auffällig ist dieser Kontrast im Röntgenlicht, das Informationen aus den innersten Regionen um Schwarze Löcher liefert.
Seit der Entdeckung der Quasare in den 1960er Jahren wurden viele Beobachtungen gemacht; um diese zu verstehen wurde die Akkretionstheorie entwickelt. Eine wichtige Erkenntnis ist die Korrelation zwischen optischer/UV- und Röntgenleuchtkraft in hellen AGN. Während die beobachtete Korrelation gut etabliert und quantifiziert ist, fehlt es noch an einer soliden und schlüssigen theoretischen Erklärung. In seiner Doktorarbeit verwendet Riccardo Arcodia ein selbstkonsistent gekoppeltes Scheiben-Korona-Modell, das aus der Literatur übernommen und verbessert wurde, um diese offene Frage zu klären. In seinem Modell werden die inneren Akkretionsströme hellerer Quellen durch den Strahlungsdruck in einem viel größeren Bereich dominiert als bei schwächeren Quellen. Eine weitere faszinierende und seit langem bestehende Frage ist, ob der Akkretionsfluss um Schwarze Löcher für Schwarze Löcher mit stellarer Masse und für AGN ähnlich ist. Riccardo Arcodia verglich die Beobachtungseigenschaften von Scheiben-Korona-Systemen sowohl bei stellaren als auch bei supermassereichen schwarzen Löchern und stellte fest, dass die Scheiben-Korona-Systeme in den beiden Klassen schwarzer Löcher recht gut miteinander vergleichbar sind.
Schwarze Löcher akkretieren nicht nur kontinuierlich, sondern zeigen auch häufig vorübergehende und variable Phänomene. Sogenannte quasi-periodische Eruptionen (QPEs) sind extreme Ausbrüche von Röntgenstrahlung mit hoher Amplitude, die alle paar Stunden wiederkehren und in der Nähe der zentralen supermassereichen schwarzen Löcher in galaktischen Kernen entstehen, deren Ursachen jedoch noch unbekannt sind. Mit einer blinden und systematischen Suche über die Hälfte des Röntgenhimmels mit dem eROSITA-Röntgenteleskop fand Riccardo Arcodia solche Quellen in zwei neuen Galaxien und verdoppelte damit die Zahl der zu diesem Zeitpunkt bekannten QPEs.
Für seine Dissertation "Accretion onto Black Holes Across the Mass Scale" (Akkretion auf Schwarze Löcher über die Massenskala hinweg) verlieh die IAU Riccardo Arcodia den Doktorandenpreis in der Abteilung D: High Energy Phenomena and Fundamental Physics. Jede der neun Abteilungen der IAU vergibt einen Preis an den Kandidaten, der ihrer Meinung nach im vorangegangenen Jahr die bemerkenswerteste Arbeit geleistet hat, und die neun Abteilungen einigen sich zudem auf die gemeinsame Verleihung eines zusätzlichen Preises, des PhD at-large Prize. Im Jahr 2021 wurden 120 Dissertationen eingereicht, die zwischen dem 16. Dezember 2020 und dem 15. Dezember 2021 verteidigt wurden. Riccardo Arcodia wurde zur nächsten IAU-Generalversammlung eingeladen, die vom 2. bis 11. August in Busan, Südkorea, stattfindet, wo er einen Vortrag über seine Arbeit halten wird.