Wie sich eine Scheibe um junge Protosterne dreht
Die wichtigsten Schritte der Stern- und Planetenentstehung sind gut verstanden: Eine dichte interstellare Wolke bricht unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammen; ein zentraler Kern bildet sich gleichzeitig mit einer proto-stellaren Scheibe aufgrund der Drehimpuls-Erhaltung; schließlich wird der Stern nach etwa 100.000 Jahren dicht genug, um die Kernfusion in seinem Zentrum zu zünden - er beginnt zu leuchten, während sich in der Scheibe Planeten bilden. Aber es gibt noch viele offene Fragen zu den Details dieses Prozesses, z.B. was ist die Rolle des Drehimpulses bei der Scheibenbildung oder wie sammelt die circum-stellare Scheibe den größten Teil ihrer Masse?
Ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) hat nun drei der jüngsten proto-stellaren Quellen in der Perseus-Molekülwolke beobachtet. Man sieht diese Quellen bzw. deren Scheibe von der Seite, so dass eine Untersuchung der Geschwindigkeitsverteilung der dichten Wolke möglich ist.
"Dies ist das erste Mal, dass wir die Gasbewegung um drei circum-stellare Scheiben in frühen Phasen ihrer Entstehung analysieren konnten", sagt Jaime Pineda, der die Studie am MPE leitete. "Alle Systeme können mit dem gleichen Modell erklärt werden, das uns einen ersten Hinweis darauf gab, dass sich die dichten Wolken nicht wie ein Festkörper drehen." Eine Festkörperrotation ist die einfachste Annahme, nach der das Gas in der dichten Wolke mit einer festen Winkelgeschwindigkeit bei einem beliebigen Radius rotiert. Das Modell, das alle drei Systeme am besten beschreibt, liegt nun zwischen denjenigen, die für die Rotation des Festkörpers und für reine Turbulenz erwartet werden.
Darüber hinaus zeigte sich beim Vergleich dieser Beobachtungen mit früheren numerischen Modellen klar, dass Magnetfelder eine Rolle bei der Entstehung dieser Scheiben spielen: "Wird ein Magnetfeld in das Modell integriert, sorgt dieses dafür, dass der Kollaps nicht zu schnell erfolgt und die Gasrotation mit der tatsächlich beobachteten übereinstimmt", erklärt Pineda. "Unsere neuesten Beobachtungen geben uns eine Obergrenze für die Größe der Scheiben, die mit früheren Studien gut übereinstimmt."
Insbesondere steht der spezifische Drehimpuls des einfallenden Materials in direktem Zusammenhang mit dem maximal möglichen Keplerradius der proto-stellaren Scheibe. Bei einer Sternmasse von etwa 5% der Masse unserer Sonne schätzen die Wissenschaftler, dass die Obergrenze der Kepler-Scheibe etwa 60 Astronomische Einheiten oder etwa die doppelte Größe unseres Planetensystems beträgt, in Übereinstimmung mit früheren Schätzungen. Dies deutet darauf hin, dass große Scheiben (größer als 80 AE) im Leben eines Sterns nicht früh gebildet werden können, und beeinflusst daher den Ausgangspunkt für Szenarien zur Planetenentstehung.
Der nächste Schritt für die Astronomen besteht nun darin, solche Systeme in verschiedenen Phasen ihrer Entwicklung und in verschiedenen Umgebungen zu beobachten, um zu überprüfen, ob das spezifische Drehimpulsprofil dadurch beeinflusst wird. Diese Ergebnisse können dann in numerische Simulationen einfließen oder mit diesen verglichen werden, um die gemeinsame Entwicklung des dichten Kerns, aus dem ein Stern entsteht, und der circum-stellaren Scheibe, die zur Planetenentstehung führt, besser zu verstehen.