Geburt eines Sternenquartetts
Ein internationales Forschungsteam hat im All etwas Aussergewöhnliches entdeckt: Ein sich neu formierendes Sternensystem, das aus Teilen einer fadenförmigen Gaswolke hervorgeht.
Instabiler Quadrupol bricht auseinander

Die Fachleute berechneten, dass die beiden Sterne mit der kürzesten Distanz zueinander ein stabiles Doppelsystem bilden, während die beiden anderen weiter entfernten Sterne nach rund einer halben Million Jahre ins All hinausgeschleudert werden. „Sternensysteme mit mehr als drei Mitgliedern sind instabil und störungsanfällig”, sagt Jaime Pineda vom Max Planck Institut für Extraterrestrische Physik. Er ist Erstautor einer Studie, die soeben in “Nature” erschienen ist. So sei das wahrscheinlichste Szenario, dass der Quadrupol zerfallen und nur „kurze“ Zeit Bestand haben werde.
Die Forscher konnten nicht nur erstmals die Entstehung eines multiplen Sternensystems aus einer fragmentierten Gaswolke beobachten. Ungewöhnlich ist auch, wie schnell sich das System bildet. Die veranschlagten 40‘000 Jahre sind für astronomische Verhältnisse “aussergewöhnlich rasch”, betont Pineda. Auch konnte bisher noch nie jemand beobachten, dass sich Sternensysteme aus Teilen einer fadenförmigen Gaswolke bilden. “Zuerst dachten wir, dass die Fragmente nicht miteinander in Wechselwirkung treten würden.” Oftmals würden sich nur Dreiersysteme bilden.
Einmaliges System untersucht

Pineda ist Mitglied einer Forschungskollaboration, die das Sternensystem beobachtete sowie dessen Werden und Vergehen simulierte. Er arbeitete zur Zeit dieser Entdeckung als Postdoc am Institut für Astronomie der ETH Zürich in der Gruppe von Professor Michael Meyer, genauso wie Mitautor Richard Parker, der am Computer die Stabilität des Sternensystems bestimmte. An der Arbeit beteiligt waren Astrophysikerinnen und Astrophysiker mehrerer amerikanischer und europäischer Hochschulen, darunter die Universitäten von Harvard, Yale und Liverpool John Moores. Ihre Beobachtungen machten die Forschenden mit einem Very Large Array (VLA) in den Vereinigten Staaten. Damit wiesen sie die von Ammoniummolekülen (NH3) ausgehenden Emissionen nach. Ammonium ist Bestandteil der Gaswolke.
“Mehrfach-Sternensysteme sind an sich in unserer Galaxie sehr häufig”, sagt Michael Meyer, Professor am Institut für Astronomie der ETH Zürich. Die meisten Forscher haben sich jedoch auf die “Geburt” und Entwicklung einzelner Sterne konzentriert, da dies nicht so komplex sei. Ausserdem würden sich diejenigen Wissenschaftler, die Mehrfachsysteme analysierten, mehr auf das Endresultat der Sternenbildung fokussieren. “Deshalb ist diese Entdeckung auch etwas ganz Besonderes.”